2. Bundesliga

Schusters Rote Teufel: Das macht sie (fast) unschlagbar

Während die Mitaufsteiger aus Magdeburg und Braunschweig im unteren Drittel der 2. Liga hängen, steht der 1. FC Kaiserslautern souverän in der oberen Tabellenhälfte. Ballorientiert analysiert den starken Saisonstart von Dirk Schusters FCK, der nicht ohne Grund seit 7 Spielen ungeschlagen ist.
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Wir wissen, dass wir uns in jedem Spiel reinkämpfen und Punkte holen können.
FCK-Trainer Dirk Schuster.

Dirk Schuster: Aufstiegsexperte

Das Aus von Vorgänger Antwerpen war in vielen Kreisen umstritten – durchaus verständlich. Dirk Schuster zeigt beim FCK aber einmal mehr, dass er ein ausgewiesener Fachmann ist. Nicht nur mit Darmstadt konnte der im heutigen Chemnitz geborene Coach große Erfolge feiern. Stolze 4 Aufstiege kann Schuster verbuchen. Am beeindruckendsten ist wohl der Durchmarsch mit dem SVD und vor allem der darauffolgende Klassenerhalt in der Bundesliga. Dass Schuster einen klaren Plan verfolgt, zeigt auch ein Blick auf die Daten der Saison 15/16 aus der Beletage des deutschen Fußballs. Darmstadt hatte im Schnitt lediglich 34% Ballbesitz und spielte lediglich 195 Pässe pro Spiel – zum Vergleich: Bayerns Pep passte 676 Mal in 90 Minuten. Dass das Team von Schuster die meisten Kopfballtore aller Bundesligisten erzielte, ist auch kein Zufall. Vieles davon sieht man auch aktuell beim FCK.

 

Offensiv: Qualität vor Quantität

Die Sorge, dass Dirk Schuster ein reiner Defensiv-Trainer ist, dürfte bei den FCK-Fans schnell verflogen sein. Mit aktuell 20 Toren hat nur der von Lukas Kwasniok trainierte SC Paderborn mehr auf der Habenseite – gegen den SCP kassierte man übrigens auch die einzige Liganiederlage in der laufenden Saison. Dass nur 3 Teams weniger Schüsse abgegeben haben, spielt dabei keine große Rolle. Es ist viel mehr die Qualität der Abschlüsse, die Kaiserslautern so gefährlich macht. Mit 0,15xG pro Abschluss steht man ligaweit auf Platz 1 und hebt sich klar vom Durchschnitt (0,12xG) ab. Ähnlich verhält es sich mit den Abschlüssen aufs Tor – auch hier verzeichnet man Spitzenwerte. Wenig verwunderlich – schließlich gibt das Team vom „Betze“ die zweitwenigsten Schüsse außerhalb des Sechzehners ab, man wartet auf den richtigen Moment, um zum Abschluss zu kommen.




In Sachen Abschluss geht viel über Torjäger Terrence Boyd, der mit 29 Abschlüssen mit Abstand die meisten der Pfälzer hat. Ein gern genutztes Stilmittel sind außerdem Flanken und Standardsituationen. Folglich konnte man bereits 7 Treffer per Kopf erzielen – Ligaspitze! 4 der 20 Saisontore resultierten zudem aus Eckbällen, für die man gute Schützen zur Verfügung hat. Ähnliches gilt für Flanken, immerhin hat der FCK die zweitbeste Genauigkeit bei Hereingaben von den Flügeln. Vor allem über die linke Seite stößt man immer wieder nach vorne – satte 40% der Angriffe entstehen über links.

 

Ballbesitz & Spielaufbau: Risiko minimieren

Durchaus typisch für Schuster ist der geringe Ballbesitzanteil der Roten Teufel. Mit im Schnitt 38% steht man in dieser Hinsicht auf dem letzten Rang, was aber auch absolut einkalkuliert ist. Spielerisch konnte man in den letzten Wochen zwar durchaus interessante Ansätze zeigen, der Fokus liegt aber nicht darauf. Sowohl gespielte Pässe als auch Passgenauigkeit sind im Ligavergleich weit unter dem Durchschnitt. Während man selber „nur“ 24 Positionsangriffe pro Spiel fährt (der Gegner im Schnitt 31), ist aber die Erfolgsquote dieser deutlich besser, was zeigt, dass auch hier Potenzial und Qualität besteht. Hauptaugenmerk liegt dennoch auf dem schnellen Umschaltspiel, weshalb man auch deutlich mehr Konter als der Gegner pro Spiel vorweist.

Die aggressive Spielweise beibehalten, den Gegnern wehtun und auch spielerisch Fortschritte machen.
Dirk Schuster sieht spielerisch noch Luft nach oben.

Der Spielaufbau geht verhältnismäßig selten über die Innenverteidiger, nicht von ungefähr ist es der Zentrumsspieler Philipp Klement, der die meisten Pässe und Ballaktionen hat. Ebenso wichtig für das Spiel mit Ball ist Marlon Ritter, der immer wieder Bälle in das letzte Drittel spielt und auch deshalb bereits 4 Assists verbuchen darf. Ein weiteres Mittel, um das Risiko von gefährlichen Ballverlusten zu minimieren, ist, dass man sehr selten in Dribblings geht. Viel mehr möchte mit schnellen vertikalen Pässen das Spielfeld überbrücken. Da man ligaweit die zweitwenigsten Ballverluste verschuldete, kann man definitiv behaupten, dass dieser Ansatz Dirk Schuster und dessen Trainerteam Recht gibt.

 

Defensive: Hart aber fair

17 Gegentore sind sicherlich für den Geschmack von Dirk Schuster etwas zu viel. Dass 7 Treffer alleine aus den beiden Heimspielen gegen Magdeburg und Darmstadt resultieren, relativiert diese Statistik etwas. In beiden Partien nahm man mehr am Spiel teil als es sonst oft der Fall ist. Nach vorne durchaus mit Erfolg – schließlich erzielte man auch selbst 7 Tore. Am wohlsten fühlt man sich aber, wenn man dem Gegner den Ball überlässt, was ein Blick auf die bisherigen Siege zeigt. In den 3 Partien gegen Hannover, St. Pauli und Fürth hatte man nie mehr als 35% Ballbesitz – am Ende konnte man alle Spiele für sich entscheiden.

Die Pfälzer variieren je nach Gegner und Situation zwar regelmäßig ihre Pressinghöhe, in der Regel agiert man aber eher abwartend. 15,19 gegnerische Pässe lässt man im Schnitt zu, ehe man den Ball erobert. Mit diesem Wert ist man abgeschlagenes Schlusslicht der 2. Liga. Bedenkt man, dass in der Kategorie der FC Magdeburg Spitzenreiter ist, wird aber auch schnell klar, dass dies kein Qualitätsmerkmal, sondern Bestandteil des Spielstils von Dirk Schuster ist. Ähnliches gilt für den Parameter Herausforderungsintensität – nur 4,7 Tacklings, Grätschen & Co.  bestreiten die Pfälzer, was Platz 18 im Ligavergleich bedeutet.

Apropos Grätschen: der FCK grätscht im Spiel 3x so häufig wie der Gegner. Ligaweit foult man allerdings mit am wenigsten, was zeigt: Kaiserslautern spielt hart und fair zugleich. Die meisten Defensivduelle von Schusters Mannen bestreitet übrigens der Youngster und defensive Mittelfeldspieler Julian Niehues. Zu passiv wird man – trotz bereits 3 Gegentreffern aus der Distanz – nur selten. Meistens verteidigt man im Mittelfeld sehr kompakt, weshalb sich auch 44% des Spielgeschehens im Mittelfelddrittel abspielt.

 

Fitness: Schlussphase als Faustpfand

Eine besondere Qualität der Schuster-Elf sind ihre Comebackqualitäten. Nicht zuletzt aufgrund der Kondition, man könnte aber auch Cleverness sagen. Die Pfälzer laufen unterdurchschnittlich viel, wissen aber genau, wann und wo es Intensität bedarf. So ist man regelmäßig in der Schlussphase die aktivere Mannschaft. Die 10 erzielten Tore ab der 60. Minute bestätigen das. In der letzten halben Stunde presst man den Gegner auch deutlich häufiger und höher – in dieser Phase lässt man nur noch ca. 9 Pässe zu, ehe man den Ball erobert.

Ein weiterer Grund für den Erfolg ist der unübersehbare Teamgeist. Nach nahezu jeder gelungenen Abwehraktion feiert sich die Hintermannschaft gegenseitig ab. Im Team der Pfälzer passt es so gut wie lange nicht. Trainer Dirk Schuster hat sicherlich einen großen Anteil daran. Für jeden Gegner hat der 54-Jährige einen explizit ausgearbeiteten Matchplan parat, der nicht zuletzt auch der Hamburger Siegesserie ein Ende setzte.

In den nächsten Partien warten auf den Aufsteiger auf dem Papier machbare Aufgaben. Regensburg, Rostock, Nürnberg und Bielefeld stehen alle hinter dem FCK. Nach zuletzt vielen Unentschieden in Folge ist der Hunger auf den 4. Saisonsieg groß. Dirk Schuster wird seine Jungs sicherlich gut darauf vorbereiten.

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Quellen:
Beitragsbild: User:KandschwarFIFA-Fritz-Walter-Stadion01CC BY-SA 3.0
Statistiken: Wyscout, WhoScored

Co-Founder & Analyst bei ballorientiert

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