Bundesliga

Pellegrino Matarazzo: Chance trifft Risiko

Pellegrino Matarazzo ist der neue Trainer der TSG Hoffenheim. Der Nachfolger von André Breitenreiter wird versuchen, die TSG schnellstmöglich aus der Abwärtsspirale zu befreien. Ballorientiert nimmt Matarazzo bezüglich Taktik und Spielphilosophie unter die Lupe und analysiert, inwiefern der 45-Jährige nach Hoffenheim passt.
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Matarazzos Vita

Pellegrino Matarazzo begann seine Trainerlaufbahn als Co-Trainer in der Zweitvertretung beim Club aus Nürnberg. Später übernahm er erst die U-17 und im Anschluss die U-19 der Franken. Im Sommer 2017 folgt der Wechsel zur TSG Hoffenheim. Nach einem halben Jahr Tätigkeit als Chefcoach der U-19 wurde er Co-Trainer von Julian Nagelsmann bei der TSG. Im Winter 2020 folgte Matarazzos erste eigenständige Trainerposition im Herrenbereich. Als Nachfolger von Tim Walter schaffte er es, den VfB zurück in die Bundesliga zu führen. Der Weg dahin war durchaus steinig. „Rino“ holte weniger Punkte als sein Vorgänger, am Ende gelang mit mäßigen 58 Punkten und Platz 2 dennoch der Aufstieg. In der ersten Bundesligasaison führte er die Stuttgarter auf einen starken 9. Platz. Die jüngere Historie sollte bekannt sein – in der abgelaufenen Saison gelang der Klassenerhalt erst in letzter Sekunde, bevor er in dieser Saison nach 9 Spieltagen entlassen wurde.

Jugendentwickler und Förderer

Auch neben seiner Arbeit im Jugendbereich konnte sich Matarazzo einen guten Ruf als Entwickler für Talente erarbeiten. Mavropanos, Sosa, Silas, González, Kalajdžić – all diese Akteure machten beim VfB unter „Rino“ einen großen Schritt nach vorne und konnten ihre Leistungen auf ein neues Level heben. Die Schwaben stellten zudem in der gesamten Amtszeit des US-Italieners die jüngste Mannschaft der Liga. Da die Entwicklung von jungen Spielern auch bei der TSG als Kernelement gilt, passt Matarazzo in dieser Hinsicht perfekt in das Profil.

Taktik: Pellegrino Matarazzos Grundprinzipien

  1. Asymmetrischer Spielaufbau
    Matarazzo ließ nominell häufig im 3-4-2-1 auflaufen. Zu Beginn war es häufig der rechte Schienenspieler Silas, der die deutlich offensivere Position der Außenspieler einnahm. In der Folge waren die Übergänge zwischen den Systemen fließend. Nach Silas‘ Verletzung war es später der nominelle Linksverteidiger Borna Sosa, der den offensiveren Part der Außenverteidiger gab. Mit Angelino könnte Matarazzo ähnliches planen, um dessen Offensivqualitäten bestmöglich einzubinden.
  2. Fußball spielen
    „Rino“ steht für einen gepflegten Spielstil. In der Saison 20/21 spielte der VfB als Aufsteiger die wenigsten langen Bälle der Liga, hatte aber zugleich einen relativ hohen Ballbesitzanteil und unter anderem eine Passquote von 84% – lediglich 5 Teams brachten mehr Pässe an den eigenen Mann. Auch die Vorstellungen der TSG-Verantwortlichen präferieren einen fußballerischen Weg – für gepflegtes Kombinationsspiel und spielerische Lösungen scheint Matarazzo eine geeignete Wahl zu sein.
  3. Aktives Verteidigen
    Der VfB Stuttgart hatte vor allem gegen Ende von Matarazzos Amtszeit erhebliche Probleme in puncto Intensität. Prinzipiell setzte der neue TSG-Coach aber auf eine durchaus hohe Abwehrkette sowie sofortiges Gegenpressing nach Ballverlust. Hoffenheim zeigte sich zuletzt vor allem in der Defensive überfordert. Mit 128 Gegentoren in 77 Bundesligaspielen und somit 1,66 kassierten Treffern pro Spiel steht auch Matarazzo nicht gerade für Kompaktheit und defensive Stabilität.
  4. Offensive Freiheiten
    Matarazzo setzt zwar in den ersten beiden Dritteln viel auf eine feste Struktur und fixe Abläufe, im letzten Drittel überlasst er seinen Spielern aber viel Freiraum. Nicht von ungefähr waren seine Schwaben 2020/2021 das Team mit den meisten Dribblings der Bundesliga. Mit Rutter gab die TSG Hoffenheim im Winter aber ihren besten 1-gegen-1-Spieler ab. Von daher bleibt es abzuwarten, wie Pellegrino Matarazzo sein Team taktisch in dieser Hinsicht einstellen wird.

Mögliche Aufstellung unter Matarazzo

Mögliche Aufstellung der TSG Hoffenheim unter Pellegrino Matarazzo.
Mögliche Elf für Pellegrino Matarazzos 3-4-2-1. Die Innenverteidigung ist durchaus geeignet für den bevorzugten Spielaufbau. Problematisch wird es in der Offensive – hier fehlt bei dieser Elf die Endgeschwindigkeit, um möglichst schnell in das Vertikalspiel zu kommen. Zudem wird ein kreativer Spielgestalter aus dem Mittelfeldzentrum vermisst – hier wird die TSG nachbessern müssen.

Die Risiken der „Rino“-Verpflichtung




In Stuttgart hieß es gegen Ende von Matarazzos Amtszeit häufig: ordentliche Leistung, aber (zu) wenig Punkte. Tatsächlich war der VfB auch in der letzten Saison spielerisch nur selten unterlegen, verpasste aber sowohl das Kreieren von Chancen aus dem eigenen Positionsspiel heraus oder das Verwerten dieser. Mit einer Chancenverwertung von 21% war am Ende nur die Arminia aus Bielefeld schwächer, in der Folge war man zugleich anfällig für gegnerische Umschaltsituationen. Ebenfalls problematisch war der physische Zustand der Mannschaft – zu oft wirkte man in Bezug auf die Fitness unterlegen und kassierte späte und zugleich einfache Gegentore. Der im Abstiegskampf häufig geforderte – ob zu Recht und Unrecht sei dahingestellt – „harte Hund“ ist Pellegrino Matarazzo auf keinen Fall. Viel mehr pflegt er ein sehr enges und nahes Verhältnis zu seinen Spielern. Inhaltlich wirkten sie gegen Ende zum Teil überfordert. Trotz alledem schaffte der 45-Jährige am Ende der Saison den Klassenerhalt mit dem VfB.

Mit Matarazzo back to the roots

Die TSG steht für einen offensiven, mutigen und frischen Fußball. Ich möchte mit der Mannschaft schnell wieder den Fußball spielen, der sie seit vielen Jahren auszeichnet.

Alles in allem setzt die TSG mit der Verpflichtung von Pellegrino Matarazzo auf eine Rückkehr zu den ursprünglichen Werten. Matarazzo steht für mutigen, dominanten und temporeichen Offensivfußball. Von Transfers wie Brooks oder auch Delaney wird „Rino“ wahrscheinlich nur mäßig begeistert sein – in Stuttgart wurden in enger Absprache mit Sven Mislintat so gut wie nur junge und talentierte Kicker verpflichtet. Mit Matarazzo wird auch dies in Zukunft wieder verstärkt in Hoffenheim umgesetzt werden. Zuvor muss aber die Klasse gehalten werden – die Qualität dafür ist zweifelsohne vorhanden. Gelingt dies, ist die TSG Hoffenheim in Zukunft wieder ein sehr spannendes Projekt, das aufgrund interessanter taktischer Ideen Matarazzos wohl auch wieder den ein oder anderen Fan mehr in die PreZero Arena locken wird.

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Quellen:
transfermarkt.de
wyscout.com
instat.com
bundesliga.de 
Jeollo von VfB-exklusiv.dePellegrino MatarazzoCC BY-SA 4.0

Co-Founder & Analyst bei ballorientiert

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