FC Augsburg – mit Vollgas Richtung Abstieg?

Auch wenn man Lewandowski vorne reinstellen würde, der würde kein Tor machen, weil wir keine Chancen haben.

Florian Niederlechner nach der Niederlage gegen Hertha BSC

Augsburger Chancenarmut

So fasste Florian Niederlechner nach der Heimniederlage gegen Hertha BSC die aktuelle Gemengelage beim FC Augsburg zusammen. Denn wie schon in den vorherigen vier Bundesligaspieltagen strahlten die Fuggerstädter kaum Gefahr nach vorne aus. Mit nur drei Toren aus fünf Spieltagen erzielte keine Bundesligamannschaft weniger Tore als der FCA. Dass es im Fußball Phasen gibt, in denen der Ball einfach nicht ins Tor will, sei jeder Mannschaft zugestanden. Was die Fans des FC Augsburg allerdings zu Besorgnis erregen dürfte, ist nicht die mangelnde Chancenverwertung, sondern überhaupt in die Situation zu kommen, eine Chance zu vergeben. Lediglich 43mal  kam die Mannschaft von Trainer Enrico Maaßen in dieser Saison zum Abschluss – mit Abstand Ligatiefstwert! Die Folge ist der schlechteste Saisonstart seit 10 Jahren. Ohne den glücklichen Auswärtssieg bei kriselnden Leverkusenern stünde man gar ohne Punkte da.



Rückläufige Entwicklung der letzten Jahre

Dass man beim FC Augsburg mit Neu-Trainer Maaßen nicht von Beginn an die Sterne vom Himmel spiele, war im Vorfeld bereits klar. Nicht umsonst erreichte der FCA in den vergangenen sieben Jahren nur einmal die 40 Punktemarke. Trotzdem hielt man – wenn auch manchmal glücklich und knapp – stets die Klasse und darf sich mit Stolz seit über 11 Jahren Bundesligist nennen. Eine rückläufige Entwicklung ist in den letzten Jahren dennoch nicht zu leugnen. Dies macht sich auch am Trainerverschleiß der letzten Jahre bemerkbar. So standen in den letzten sechs Jahren sechs verschiedene Übungsleiter an der Seitenlinie der Rot-Grün-Weißen, während es zuvor in sieben Jahre nur zwei verschiedene Trainer in Augsburg gab.

Sündenbock Reuter?

Als Sündenbock für die Misere muss in vielen Augen aktuell Manager Stefan Reuter herhalten. Seit 2013 ist der 55-Jährige beim FC Augsburg im Amt und hat dementsprechend viele Personalien zu verantworten. Wie zum Beispiel den teuersten Transfer der Vereinsgeschichte: Ricardo Pepi. Viele Experten kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als man hörte, dass der „kleine FC Augsburg“ über 16 Mio. € für einen 18-jährigen US-Amerikaner ausgab. Nach einem halben Jahr ohne Tor und einer Leihe zum niederländischen FC Groningen sehen sich die meisten Kritiker in ihrer skeptischen Haltung bestätigt. Spätestens seit der unrühmlichen Trennung von Ex-Trainer Markus Weinzierl, der Reuter mangelnde Kommunikation vorwarf, wurde es unangenehm für den Manager. Die Gerüchte um einen Torhüterwechsel kurz vor Transferschluss trugen ebenso so wenig zu Ruhe bei. Aktuellster Kritikpunkt an der Arbeit des Mangers ist die Zusammenstellung des Kaders, die nicht bundesligatauglich erfolgt sein soll. Dazu später mehr.



Mut auf Trainerposition: Enrico Maaßen

Was man Reuter nicht vorwerfen kann, ist fehlende Kreativität bei der Besetzung der Trainerposition. Mit Enrico Maaßen entschied man sich für einen jungen Trainer, der eine neue Spielphilosophie mit zu den bayerischen Schwaben bringt. Entgegen der Augsburger Spielweise der vergangenen Jahre steht Maaßen für eine offensive Art des Fußballspiels, in der das Spiel mit Ball forciert werden soll.

Offensive Ideenlosigkeit

Wie bereits die Anzahl der Torschüsse und Tore zeigt, ist davon in der Frühphase dieser Saison noch wenig zu sehen. Folglich steht man beim expected Goals-Wert (erwartbare Tore anhand der Chancenqualität) ebenfalls auf dem letzten Rang.

Dass der FCA in Zukunft öfter den Ball haben soll, war trotz namhafter Gegner wie Freiburg und Leverkusen bereits zu erkennen. So verzeichnete man mit einem durchschnittlichen Ballbesitz von 47% eine Steigerung von immerhin 4% zum Mittelwert der Vorsaison. Nicht steigern konnte man hingegen die Passquote, die mit 75% knapp unter dem Vorjahresniveau liegt. Eine schlechtere Quote kann bisher nur Union Berlin verzeichnen, deren angekommene Bälle aber offensichtlich deutlich mehr Gefahr entwickeln als die der Fuggerstädter.

Hauptproblem bleibt das Spiel mit Ball. Wenn es schon nicht mit gepflegten Kurzpassspiel klappt, bleibt immerhin die Flanke in den gegnerischen Sechzehner. Doch selbst dieses vermeintlich einfache taktische Mittel will den Augsburgern aktuell nicht gelingen. Nur 31mal flankte man den Ball in Richtung Mittelstürmer. Selbst die noch punktlosen Bochumer konnten mehr als doppelt so oft eine Flanke schlagen. Ähnlich verhält es sich mit Standardsituation, in denen der FCA unterdurchschnittlich wenig Gefahr ausstrahlt.

Was die Fans des FC Augsburg zu Pfiffen gegen die eigene Mannschaft nach der Niederlage gegen Hertha veranlasst haben dürfte, ist das Gefühl von fehlender Leidenschaft und Einsatz. In der Vergangenheit oft über Geschlossenheit und Kampfgeist kommend, gewannen bisher nur drei Teams weniger Zweikämpfe als der FCA. Dass es die Spieler nicht zumindest versuchen, kann man aber nicht behaupten. Denn in Sachen Laufleistung, intensiver Läufe und Sprints findet man sich sogar eher im oberen Drittel der Liga wieder. Unter Maaßen will man den Gegner augenscheinlich früher stören. Nur Bayern, Dortmund, Leipzig und Köln verwickeln den ballführenden Gegner früher in Zweikämpfe.

Bei aller Liebe zur Statistik sind diese Zahlen in der Frühphase der Saison natürlich mit Vorsicht zu genießen, auch wenn sich bereits erste Tendenzen sicherlich ableiten lassen.



Der Kader des FCA: Probleme auf rechts und im Zentrum

Bleibt die Frage der Kaderqualität. Schaut man sich die einzelnen Spieler des FCA an, findet man sicherlich schlechtere Kader in der Bundesliga. So stehen laut transfermarkt.de noch fünf Mannschaft unter dem Kaderwert der Augsburger. Entscheidend bleibt jedoch die Frage, wie die Kaderzusammenstellung zum Trainer und dessen System passt.

Wie die ersten Partien zeigen, favorisiert Maaßen eine 3-5-2-Formation. Eine Dreierkette scheint dabei durchaus sinnvoll, blickt man auf das Spielermaterial in der Innenverteidigung. Wäre da nicht das Verletzungspech. Mit Oxford und Uduokhai fehlen Maaßen aktuell zwei wichtige Säulen in der Defensive, die dem Augsburger Spiel mit Sicherheit Stabilität verleihen würden. Während man auf der linken Schiene mit Iago gut besetzt ist, drückt der Schuh auf rechts. Daniel Caliguri wirkt außer Form und kann mit seinen 34 Jahren aktuell nicht die hohen Anforderungen eines Spielers auf dieser Position erfüllen. Da Gumnys Stärken eher in der Defensive liegen, scheint diese Position im aktuellen System nur unzureichend besetzt zu sein. Vergleichbar ist die Situation im Mittelfeldzentrum, wo es den Augsburgern an Kreativität fehlt. Besonders schmerzlich ist der Ausfall von Niklas Dorsch, der mit seiner starken Technik für besondere Momente im Spiel sorgen könnte. Gruezo, Baumgartlinger und Rehxbecaj können diese Rolle nicht ausfüllen. Und auch eine Reihe weiter vorne ist der von den Fähigkeiten dafür prädestinierte Arne Maier aufgrund von ständigen Verletzungsproblemen aktuell außer Form. So ist es derzeit schwierig, die ordentliche Offensive um Niederlechner, Demirovic und Last-Minute-Neuzugang Berisha in Szene zu setzen.

Sowohl auf dem rechten Flügel als auch in der offensiven Zentrale kann man Stefan Reuter eine unzureichende Besetzung der Position ankreiden. Angesichts der aktuellen Lage, bedarf es kreativer Lösungen von Enrico Maaßen, der aufgrund der Probleme auf der rechten Schiene über eine Systemumstellung nachdenken könnte.

 

FCA Aufstellung
3-5-2 / 4-4-2 Hybrid? Nach den enttäuschenden Leistungen von Caliguri wäre es zumindest einen Versuch wert, den schnellen Vargas auf der rechten Schiene auszuprobieren. Hinter ihm könnte der defensivstarke Gumny absichern. Baumgartlinger könnte durch seine Passsicherheit vor der Abwehr das Aufbauspiel ankurbeln. Maier – flankiert von den beiden Schienenspielern – soll für Kreativität nach vorne sorgen. Bei seinem Debüt zeigte Neuzugang Berisha bereits erste vielversprechende Ansätze und könnte eine neue Qualität ins Augsburger Spiel bringen.



Was macht jetzt noch Mut?

Zurzeit sprechen viele Aspekte für eine sehr schwierige Saison des FC Augsburg. Doch wie bereits eingangs erwähnt ist dies alles andere als neu für den FCA, weshalb man sicherlich weiß, damit umzugehen. Man ist sozusagen „abstiegskampferprobt“. Ebenso gilt es dem neuen Trainer Enrico Maaßen weiterhin Zeit einzugestehen, seine Spielidee in Augsburg zu etablieren. Nach Jahren des klassischen Defensivfußballs wird es etwas brauchen, bis die Wandlung zum aktiveren Fußball vollzogen werden kann.

Dass ein FC Bayern Ausfälle von Kimmich, Hernandez und Pavard nicht ohne Weiteres kompensieren könnte, ist klar. Nur logisch, dass der FCA beim Fehlen vergleichbar wichtiger Spieler Probleme bekommt. So liegt große Hoffnung in der Rückkehr von Dorsch, Oxford und Uduokhai. Bis dahin gilt es – egal wie – zu punkten. Am besten schon am Freitag beim Aufsteiger Werder Bremen, wo die Fans des FCA vor allem Augsburger Tugenden wie Kampfgeist und Zusammenhalt sehen wollen.

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Quellen:
Hintergrundbild: Fuguito, Stefan-Reuter-2016-07, CC BY-SA 3.0
Statistik: bundesliga.de / wyscout.com

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