Bo Svensson & Mainz: Auf dem Vormarsch







Seit knapp zwei Jahren ist Bo Svensson mittlerweile im Amt. Mit einem Punkteschnitt von 1,58 ist er der erfolgreichste Bundesligatrainer, den die Mainzer je hatten. Spätestens nach der perfekten englischen Woche mit 3 Siegen und 10:0 Toren kann man erneut von einem tollen Saisonstart sprechen – ballorientiert analysiert!

Wir mussten alle so brutal zusammenhalten, und ich habe wieder gespürt, was wir zu leisten in der Lage sind, wenn wir vorleben, was uns ausmacht.
Bo Svensson nach dem Klassenerhalt ’21.

Bo Svensson: vom Abstiegskampf in die Obere Hälfte

4.1.21 – der frühere Mainzer Profi Bo Svensson übernimmt den stark abstiegsgefährdeten FSV. Die vorherigen Trainer Achim Beierlorzer, Jan-Moritz Lichte und Jan Siewert brachten es zusammen auf mickrige 6 Punkte aus 14 Spielen. Aus einer vermeintlich aussichtslosen Situation konnte Svensson die „05er“ am Ende zum souveränen Klassenerhalt führen – vor allem dank einer starken Rückrunde, in der man 32 Punkte holte. In seiner ersten vollständigen Saison knüpfte der Däne mit seinem Team nahtlos daran an. Mit Platz 8 und 46 Punkten erlebte der Verein die erfolgreichste Spielzeit seit 2015/16. Der Start in die laufende Saison verlief erneut positiv, wenn auch nicht in der heimischen MEWA Arena.

 

Heimschwäche oder Zufall?

In den ersten 4 Heimspielen blieben die Nullfünfer ohne eigenen Sieg. Zufall oder mehr? Wirft man einen Blick auf die Heimbilanz der letzten Saison, lässt sich eine Heimschwäche nahezu kategorisch ausschließen. 10 Siege, 5 Unentschieden und nur 2 Niederlagen im heimischen Stadion standen am Ende zu Buche. Lediglich  der BVB und die Bayern konnten öfter punkten. Spätestens nach dem deutlichen 5:0 Erfolg gegen Köln sollten auch die letzten Zweifel, dass der FSV ein Heimproblem hat, beseitigt sein.

Wirft man einen Blick auf die Daten der Heim- und Auswärtsspiele, lassen sich aber durchaus Unterschiede feststellen. Während man daheim im Schnitt knapp über 50% in Ballbesitz ist, sind es in der Fremde nur 40%. 430 gespielte Pässe im eigenen Stadion in 90 Minuten und 350 auswärts – die Zahlen ließen sich noch weiter fortführen, aber schon jetzt ist klar: der FSV war in den bisherigen Heimspielen deutlich öfter in der Inszenierungspflicht. Sicherlich keine Paradedisziplin im Spiel der Svensson-Elf, die sich vielmehr über das Spiel gegen den Ball definiert.

 

Defensive: kompakt, aber nie passiv

Die Basis für den Mainzer Erfolg ist nicht erst seit gestern eine kompakte Defensive. Schon in der letzten Saisons kassierten lediglich die Bayern, RB Leipzig und Union Berlin weniger Gegentore. Auch in dieser Saison zeigt man sich äußerst stabil. Die Nullfünfer setzen auf ein sehr aktives Spiel gegen den Ball. In der Regel verteidigt man aus dem 3-5-2 heraus im Mittelfeldpressing. Dass man dabei nur selten hinten eingeschnürt wird, bestätigt das sehr disziplinierte Verteidigen – schließlich findet lediglich 24% des Spielgeschehens mit Mainzer Beteiligung in deren eigenem Drittel ab, was kein anderes Bundesligateam unterbieten kann. Die intensive Arbeit im Mittelfeld zeigt sich auch daran, dass sich 46% im mittleren Drittel des Feldes abspielen – Ligahöchstwert!




Situativ sticht man auch regelmäßig aus der Grundordnung heraus und zwingt den Gegner zu langen Bällen. Schließlich werden gegen kein anderes Team in der Liga mehr lange Bälle geschlagen als gegen Svenssons Elf. Mit der hintersten Kette steht man relativ hoch, was auch die vielen Abseitsentscheidungen gegen die Mainzer (zweithäufigsten in der Bundesliga) erklärt. Nur 5 Teams führen ihre Defensivzweikämpfe weiter weg vom eigenen Tor, beim FSV sind es im Schnitt 45,79 Meter.

Auch im tiefen Verteidigen überzeugt die Landeshauptstadt aus Rheinland-Pfalz. Die Abwehr lässt nur wenige gegnerische Schüsse zu – 43% dieser kommen sogar von außerhalb des Sechzehners, was die kompakte und gute Strafraumverteidigung unterstreicht. Dass der FSV die zweitwenigsten Flanken und Ecken zulässt, rundet das Bild ab.

 

Angriffsspiel: Direkt nach vorne

Die Mainzer sind keine Ballbesitzmannschaft, die alles spielerisch löst. Stattdessen agiert man sehr direkt und vertikal im Spielaufbau, vorwiegend über die Flügel. Nur 26% der Angriffe werden durch das Zentrum initiiert. Die 40% über die rechte Seite sind dagegen Ligaspitze. Zwangsläufig schlagen die „05er“ deshalb auch viele Flanken – 4 davon konnte man bereits zu Treffern verwerten. Dennoch ist die Quote mit knapp 30% angekommenen Flanken ausbaufähig. Der Tabellenführer Union Berlin überzeugt beispielsweise mit 14% Genuaigkeit mehr. Im letzten Drittel agiert man in dieser Spielzeit vermehrt mit 1 gegen 1 Duellen, was in der vergangenen Saison deutlich seltener der Fall war.

Mir gefällt es nicht, dass wir unsere Haltung, Power und Energie nicht regelmäßig auf den Platz bringen. Das sind die Komponenten, die uns eigentlich ausmachen.
Bo Svensson: Mentalität und Haltung stehen im Vordergrund.

Dass man die meisten Ballverluste der Liga verzeichnet, dürfte Bo Svensson nicht stören, sondern einkalkuliert haben. Nur wenige Teams spielen weniger Rück- und Querpässe als das Team des ehemaligen Profis. Möglichst schnell möchte man die Tiefe hinter der gegnerischen Kette bespielen (drittmeisten langen Pässe der Liga) und anderenfalls den zweiten Ball erobern – durchaus mit Erfolg. Nur 2 Teams spielen mehr Bälle in das letzte Drittel, was durchaus beachtenswert für den verhältnismäßig geringen Ballbesitzanteil der Mainzer ist.

 

Svenssons Schlüsselspieler

Aarón Martín: Der offensivstarke Linksverteidiger kann bereits 3 Treffer aufweisen. Mit die meisten progressiven Pässe und Bälle ins letzte Drittel, die meisten Flanken und so weiter – die Stärken im Angriff liegen auf der Hand. Gegen den Ball überzeugt er durch ein starkes Pressingverhalten im Mittelfeld.

Karim Onisiwo: Absolut beeindruckend, was Svensson aus ihm gemacht hat. Unter anderem auch an allen 5 Toren gegen Köln beteiligt. Nicht nur die meisten Schüsse der Mainzer, auch viele kreierte Chancen kann er vorzeigen. Weicht auch regelmäßig von der „9er“-Position aus und bewegt sich gut in den Zwischenräumen. Auch gegen den Ball sehr fleißig – mittlerweile ein sehr kompletter Stürmer. Eine Entwicklung, die ihm vor wenigen Jahren kaum einer im Mainzer Umfeld zutraute.

Dominik Kohr & Anton Stach: Das Mainzer Mittelfeldzentrum kommt immer besser in Form. Vor allem Stach merkte man zu Saisonbeginn, dass er Teile der Vorbereitung verpasste. Mittlerweile sind beide ein Garant für die starken 18 Punkte aus 11 Partien. Kohr bestreitet die meisten Tacklings und Pressingaktionen der Mainzer. Stach ist unter anderem als progressiver Ballschlepper in Richtung Offensive enorm wichtig. Alles in allem ein tolles Duo, das sich auch im Verbund mit Lee gut ergänzt.

Ob Burkhardt oder Ingvartsen und weitere – man könnte sicherlich noch andere Spieler aufzählen. Entscheidend bei den Mainzern ist aber ohnehin das Kollektiv. Das Team bringt außerdem auch die gewünschte Aggressivität auf den Platz, weshalb man mit die meisten begangenen Fouls und Karten auf dem Konto hat. Jene Intensität ist es, die man sich rund um den FSV wünscht – und spätestens seit Svenssons Übernahme auch wieder bekommt. Platz 4 bei den gelaufenen Kilometern, Platz 7 bei Sprints und Platz 5 bei den Intensiven Läufen. Der FSV überzeugt im Gesamtpaket und agiert mit klarem Plan. Bo Svensson entpuppte sich schon früh als echter Glücksgriff. In der aktuellen Verfassung scheint das Wiederholen von Platz 8 aus der Vorsaison nicht unrealistisch.

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Quellen:
MainzerizeMainz 05 LogoCC BY-SA 3.0, Werner100359Bo Svensson, FC Liefering gegen SK Austria Klagenfurt (29. Februar 2020)CC BY-SA 4.0
Wyscout, WhoScored, transfermarkt, Bundesliga, MarkStats, FBREF

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