Reis‘ Umschaltfußball über schnelle Flügelspieler
Bei Ballgewinn über die schnellen Flügelstürmer den Weg in die Spitze suchen. So in etwa lautete eine wichtige Zutat des Erfolgsrezeptes von Thomas Reis‘ erfolgreicher letzter Saison beim VfL Bochum. Kein Team verzeichnete in der Bundesligasaison 2021/2022 mehr Konterangriffe als die Mannen des damaligen Bochum-Trainers. Gleichzeitig initiierten nur drei Teams mehr Angriffe über den Flügel. Entscheidend bei dieser Spielphilosophie war das hohe Tempo der Außenbahnspieler. Mit den Außenverteidigern Bockhorn und Gamboa sowie den Flügelstürmern Asano und Holtmann konnte Reis gleich auf vier Spieler zurückgreifen, die in der Spitze auf über 35km/h kamen und somit zu den schnellsten Spielern der vergangenen Saison zählten. Die sechs erzielten Kontertore der Bochumer konnten nur die Top-Teams aus Dortmund, Leverkusen, München und allen voran Leipzig überbieten.
Schalker Flügel- und Konterspiel kaum existent
Dass sich diese Art von Fußball auch für den Abstiegskandidaten Schalke 04 anbietet, erkannten auch die Verantwortlichen und verpflichteten folgerichtig den Meister dieses Fachs. Dass diese Art von Fußball bei den Königsblauen noch nicht funktioniert, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen. Nach 16 Spieltagen steht bei den Knappen nur ein Kontertor auf dem Konto. Ebenso gibt es in der Bundesliga nur jeweils zwei Teams, die weniger über den Flügel angreifen und über diesen zum Abschluss kommen. Ein Zustand, den Thomas Reis zur Rückrunde dringend ändern möchte.
Zu wenig Tempo?
Geht man auf Ursachenforschung für das schwache Flügel- und Konterspiel der Schalker, so landet man schnell beim Thema Geschwindigkeit. Während Reis bei Bochum noch auf vier Spieler mit über 35km/h Top-Speed zurückgreifen konnte, sind es bei Schalke nur derer zwei, die die 34km/h-Marke knacken. Das Problem: sowohl Henning Matriciani als auch Rodrigo Zalazar sind vorwiegend im Zentrum aktiv. Als schnellster Flügelspieler bleibt somit Marius Bülter, der mit knapp 33,8 km/h auf Rang 96 der schnellsten Bundesligaspieler liegt.
Rang | Name | Top-Speed |
1. | Henning Matriciani | 34,07 km/h |
2. | Rodrigo Zalazar | 34,03 km/h |
3. | Marius Bülter | 33,79 km/h |
4. | Sebastian Polter | 33,74 km/h |
5. | Jordan Larsson | 33,67 km/h |
Demensprechend muss man kein großer Analyst sein, um zu erkennen, dass Nachbesserungsbedarf in puncto Geschwindigkeit auf den Außenbahnen des FC Schalke 04 besteht.
Wir wissen, was Reis-Fußball ausmacht, der sehr zweikampfbetont ist. Wir brauchen Spieler, die physisch und körperlich sind. […] Es ist nicht falsch, dass wir auch vorne Verstärkungen gebrauchen können.
– Peter Knäbel via „BILD“
Tim Skarke als neuer Flügelflitzer?
Als neue „High Speed-Waffe“ könnte in der Rückrunde Tim Skarke für mehr Gefahr in der Schalker Offensive sorgen. Der 26-jährige rechte Flügelspieler wechselte vor der Saison vom SV Darmstadt 98 zu Union Berlin, wo er bis zur Winterpause auf nur 130 Einsatzminuten kam. Zwar fehlt es dem ehemaligen Heidenheimer fast gänzlich an Bundesliga-Erfahrung. Jedoch prägen sein Spielerprofil zwei für Thomas Reis sehr wichtige Attribute: Physis und Zweikampfpräsenz!
Blitzschnell und fleißig
Mit einer Höchstgeschwindigkeit von über 35 km/h gehörte Skarke in der vergangenen Saison zu den schnellsten Spielern (14.) der 2. Bundesliga. Darüber hinaus läuft der Flügelspieler nicht nur schnell, sondern auch viel. Durchschnittlich brachte Skarke pro 90 Minuten über 10,8 Kilometer auf den Tacho. Zum Vergleich: mit Tom Krauß kommt der lauffreudigste Schalker (147km) dieser Saison auf 10,1 Kilometer pro 90 Minuten. Somit würde der nimmermüde Skarke schon nur durch seine Physis eine neue Qualität in den Schalker Kader bringen. Sein großer Einsatzwillen zeichnet sich nicht nur durch seine Laufbereitschaft, sondern ebenso durch sein Zweikampfverhalten aus. Pro 90 Minuten führte Skarke vergangene Saison rund 6 Defensiv-Zweikämpfe und gewann auch die Mehrheit dieser. Neben den Tempovorteilen hätte Skarke auch in dieser Beziehung gegenüber seinen möglichen Konkurrenten auf dem rechten Flügel die Nase vorn. Denn sowohl Kenan Karaman (4,6) als auch Jordan Larsson (5,6) können die Werte des ehemaligen U21-Nationalspielers nicht toppen. Die Schalker Grundtugenden des „Malochens“ wären demnach schon einmal abgedeckt. Für die Mission Klassenerhalt bedarf es allerdings weitaus mehr, weshalb sich die Frage nach den Offensiv-Qualitäten von Tim Skarke stellt.
Hohe Torgefahr
Blickt man auf die Torausbeute der vergangenen zwei Saisons, so kann man Skarke durchaus als torgefährlichen Flügelspieler bezeichnen. In 49 Zweitligaeinsätzen traf Skarke immerhin zehnmal. Charakteristisch für seine Spielweise ist das Nutzen jeder sich bietender Abschlussposition – gerne auch aus der zweiten Reihe. Seine hohe Schussgenauigkeit von 42% in Verbindung mit seiner hohen Schussfrequenz von 3,35/90min stellt den gegnerischen Torwart immer wieder vor Aufgaben. Insbesondere in der letzten Saison, als Skarke als inverser Flügelspieler stets den Weg ins Zentrum und in die Box suchte, machte sich seine Torgefahr bemerkbar. Dass Skarke auch Qualitäten bei der Torvorbereitung besitzt, bewies er in der Saison 2020/2021. Statt den Weg ins Zentrum zu suchen, hielt sich Skarke meist nahe der Seitenlinie auf, um mit schnellen Tiefenläufen Richtung Grundlinie zu gehen. Ähnlich könnte auch seine Rolle auf Schalke aussehen. Zwar schlug Schalke bisher die zweitmeisten Flanken der Liga. Jedoch war es für die Sturmreihe um Terodde & Co nur schwer möglich, diese zu verwerten, da man meist ungefährlich aus dem Halbfeld flankte. Mit seinen vielen Flanken und seiner hohen Erfolgsquote im Dribbling (60%) bereite Skarke 2020/2021 neben seinen fünf erzielten Toren weitere fünf Tore in 29 Spielen vor. Eine Quote, die auch den Schalkern gut zu Gesicht stehen würde.
Zweifel an der Bundesligatauglichkeit Skarkes?
Will man Tim Skarkes Spielweise in nur wenigen Worten zusammenfassen, kommt man an den Adjektiven schnell, fleißig, quirlig und torgefährlich nur schwer vorbei. Der größte Zweifel liegt womöglich in seiner Bundesligatauglichkeit. Denn bis dato konnte er seine Stärken nur in der 2. Bundesliga vorweisen. Union-Trainer Urs Fischer wird Skarke vermutlich nicht ohne Grund so selten auf den Platz geschickt haben. Zugute erhalten muss man ihm in diesem Zusammenhang, dass die Position des klassischen Flügelspielers im Spielsystem der Berliner nicht existent ist. Zudem ist der Sprung von der Zweitklassigkeit zu einem Europapokalteilnehmer wahrlich kein kleiner. Trotz allem konnte man in seinen wenigen Einsatzminuten bei Union zumindest erahnen, dass Skarke auf diesem Niveau mithalten kann und mit 26 Jahren noch entwicklungsfähig scheint. Legt man das Schalker Anforderungsprofil über das Spielerprofil von Tim Skarke, stellt man definitiv viele Übereinstimmungen für Reis‘ schnellen Umschaltfußball fest.
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Quellen:
transfermarkt.de
wyscout.com
instat.com
whoscored.com
bundesliga.de
DerHans04, Veltins Arena T-Home Cup, CC BY-SA 3.0 DE