Roger Schmidt in Portugal – ein voller Erfolg bislang! 10 Spiele, 10 Siege lautet die Bilanz des ehemaligen Bundesliga- und Leverkusen-Trainers bei Benfica Lissabon. Ballorientiert wirft einen Blick auf Roger Schmidt und dessen gelungenen Saisonstart.
Mutige Mannschaften haben Erfolg.
Roger Schmidt vor seinem Amtsantritt in Leverkusen.
Roger Schmidts Ansichten von Fußball sind klar definiert – schon immer. Sinngemäß sagte der inzwischen 55-Jährige mal, dass er für das hohe Zustellen so viel Personal einplant, wie nötig sei. Dann sehe man, was für hinten übrig bleibt. Aber der Reihe nach!
Roger Schmidt: RB-Schüler der ersten Klasse
2012 wurde Roger Schmidt Trainer von RB Salzburg, nachdem er sich durch starke Leistungen bei Preußen Münster und dem SC Paderborn einen Namen machte. Die Ernennung Roger Schmidts zum Cheftrainer Salzburgs war Ralf Rangnicks erste Amtshandlung als Sportdirektor im RB-Konzern. Wenig verwunderlich! Ralf Rangnick, der als Vorreiter des raumorientierten Verteidigens gilt, fand in Schmidt den perfekten Trainer vor, den mittlerweile oft als „RB-Stil“ bezeichneten Fußball nach Salzburg zu bringen.
Sowohl Schmidt als auch RB definieren sich über einen raumorientierten aggresiven Spielstil mit hohem Pressing im Spiel gegen den Ball. Im Offensivspiel sind Tempo und Tiefe absolute Schlagworte und Kernelemente. Der Erfolg stellte sich spätestens in Schmidts zweiter Saison ein. Nicht nur das Double konnte man holen – die 110 geschossenen Ligatore wurden bis heute nicht übertroffen. Co-Trainer Schmidts war damals übrigens der heutige Frankfurt Trainer Oliver Glasner.
Er hatte einen großen Einfluss auf meine Karriere – ich lernte etwas über Taktik, er hat an mich geglaubt und mir sehr geholfen.
Wegbegleiter bei Red Bull Salzburg war der jetzige Bayern-Star Sadio Mané. Der Offensivspieler hat bis heute nur lobende Worte für seinen Ex-Coach übrig und adelte ihn nicht von ungefähr mit obigem Zitat. Beeindruckend ist auch die Quote des Senegalesen unter Roger Schmidt. 70 Scorerpunkte in 79 Spielen sammelte der damals Anfang 20-Jährige unter dem jetzigen Benfica-Trainer. Eine Quote, die Mané seitdem nicht wiederholen konnte – hier darf man die niedrigere Qualität der österreichischen Bundesliga aber natürlich nicht verschweigen.
Pressing, Gegenpressing – und mehr?
Auch in Leverkusen änderte sich an Schmidts Fußball wenig. Sein Konzept konnte er der Werkself schnell vermitteln und schon in den ersten Spielen berauschenden Fußball zeigen. Nachdem er in den ersten beiden Saisons die Top-4 erreichen konnte, kam es im 3. Jahr zu erheblichen Schwierigkeiten, die schließlich in Schmidts Entlassung mündeten. Probleme gab es auch in Schmidts Paradedisziplin – dem Pressing, das oft zu unsauber war. Mitunter fehlte das Tempo, auch die Sauberkeit im Verschieben war schwächer als zuvor. Die Folge waren etliche Kontergegentore, die für gegnerische Teams relativ einfach entstanden. Schmidts Spielweise wurde gewissermaßen durchschaut. Auch im Spiel mit Ball offenbarten sich Probleme. Zu ungeduldig agierte man im Spielaufbau und fixierte sich auf Verlagerungen, die in unnötigen Ballverlusten mündeten.
Fragt man in Leverkusen heute nach, ist der Name Roger Schmidt sicherlich mit vielen lobenden Worten verbunden. Auf der negativen Seite werden sich sicherlich Worte wie „zu unflexibel“ oder „Kopf durch die Wand“ häufen.
Nachdem Schmidt zwischenzeitlich in China aktiv war, coachte er zuletzt die PSV aus Eindhoven für 2 Saisons – mit Erfolg. Erstmals verließ Schmidt sein zuvor favorisiertes 4-2-2-2 System und zeigte sich auch ansonsten deutlich flexibler. So ging beispielsweise der Wert bei PPDA (Passes per defensive action) im Vergleich zur Leverkusener Zeit stark nach unten. Waren es bei der Werkself noch im Schnitt ca. 6 gegnerische Pässe, bis die von Schmidt trainierte Elf durch einen Zweikampf oder abgefangenen Ball den gegnerischen Spielaufbau unterband, waren es in der Eredivisie gut 10 – ein erheblicher Unterschied! Etwas mehr Wert legte man dafür auf eigenen Ballbesitz. Mit zwei Vizemeisterschaften musste man sich am Ende nur dem Branchenprimus Ajax Amsterdam geschlagen geben. Einmal konnte das Team von Roger Schmidt den Pokalwettbewerb für sich entscheiden.
Roger Schmidt bei Benfica
10 Spiele, 10 Siege! Nicht nur die Ergebnisse sind bislang beeindruckend, auch die Art und Weise.
Statistischer Parameter | Wert | Platz in der Liga |
XG (erwartete Tore) | 12,78 | 1 |
XGa (erwartete Gegentore) | 2,37 | 1 |
Ballbesitz | 67,3% | 1 |
Gespielte Pässe | 3254 | 1 |
Pässe pro Minute Ballbesitz | 16,5 | 1 |
Steilpässe | 411 | 1 |
Progressive Läufe | 106 | 1 |
Herausforderungsintensität (Def.aktionen pro Minute gegn. Ballbesitz) | 7,7 | 1 |
Roger Schmidts Benfica Lissabon liefert Bestwerte in fast jedem statistisch wichtigen Bereich. Gegen den Ball sehr intensiv mit hohen Balleroberungen. Im eigenen Ballbesitz mit vielen Pässen, aber im hohen Tempo und mit dem richtigen Timing für das vertikale Spiel. Dabei verzichtet man größtenteils auf hohe Bälle – lediglich 6% der Pässe werden lang gespielt.
Zu den bisherigen Leistungsträgern zählt sicherlich der erfahrene João Mário, der auf der linken Seite agiert und gut mit dem Linksverteidiger Grimaldo harmoniert, der ligaweit die meisten Flanken schlägt. Neuzugang und Flügelflitzer David Neres ist ein Offensivspieler ganz nach dem Geschmack von Roger Schmidt. Der technisch versierte Dribbler hat bereits 7 Scorerpunkte vorzuweisen.
Schlüsselspieler im Zentrum ist der junge Argentinier Enzo Fernández. Er ist der Strippenzieher im System Schmidts und Ausgangspunkt vieler Angriffe. Der Rechtsfuß überzeugt mit starkem Passspiel und hat pro Spiel weit über 100 Ballaktionen. Der Rhythmusgeber im Spiel der Portugiesen war kurz vor Transferschluss sogar plötzlich Thema beim FC Liverpool.
Die größte Überraschung der letzten Wochen ist der 18-jährige Innenverteidiger António Silva, der am Dienstagabend sogar in der Champions League 90 Minuten spielen durfte. Der Kapitän der portugiesischen U-19 überzeugt durch viele raumöffnende Pässe mit einem extrem guten Spielaufbau. Auch in Sachen Antizipation und Stellungsspiel ist er für sein Alter sehr weit. Sicherlich ein interessanter Spieler für die Zukunft.
Roger Schmidt bei Benfica Lissabon: Auftakt geglückt!
Der Start für Schmidt in Portugal hätte nicht besser laufen können. Nach der erfolgreichen Champions League Qualifikation konnte auch das erste Gruppenspiel gewonnen werden. In den nächsten Wochen warten die ersten richtigen Brocken auf das Team des Deutschen. Dass die Benfica Fans durchaus zuversichtlich in die Duelle gegen Juventus Turin, PSG und Co. gehen dürfen, zeigt Schmidts Vergangenheit. Bei RB Salzburg konnte er – wenn auch nur in einem Testspiel – unter anderem Peps Bayern mit 3:0 bezwingen. Auch international verkaufte man sich gegen Topteams wie Atlético Madrid oder den FC Barcelona stets sehr teuer und konnte die Spiele nahezu auf Augenhöhe bestreiten.
Dabei helfen wird in Zukunft auch Julian Draxler. Der 58-fache Nationalspieler wird den Kader Benficas in der Offensive definitiv verstärken, in welcher Schmidt dadurch über viele verschiedene Spielertypen verfügt. Ähnlich wie in seinen vorherigen Stationen erkennt man schon nach kurzer Zeit ganz klar die Handschrift von Roger Schmidt. Dessen intensiver Fußball ist aber mittlerweile durchaus variabler geworden. Dass Schmidt auch in Zukunft wieder Begehrlichkeiten in der Bundesliga wecken wird, steht außer Frage. Bereits bei der letzten Trainersuche in Leipzig fiel der Name Roger Schmidt mehrfach. „Es ist tatsächlich ein Grundsatz von mir und keine Option, meine Mannschaft mitten in der Saison zu verlassen“ lehnte Schmidt ab. Auch die nächsten Suchenden müssen sich also erstmal hinten anstellen.
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Beitragsbild: Werner100359, Roger Schmidt02, CC BY-SA 3.0 und https://www.flickr.com/photos/stephendgardner/8633398311