1. FC Nürnberg – mit Ruhe und Kontinuität zurück in die Bundesliga?

Es herrscht wieder Kontinuität beim 1. FC Nürnberg! Mit Dieter Hecking als Sport-Vorstand und Robert Klauß als Cheftrainer kehrte in den vergangenen beiden Jahren wieder etwas mehr Ruhe am Valznerweiher ein. Ist der 1. FC Nürnberg in der kommenden Saison vielleicht sogar bereit für den Aufstieg in die Bundesliga? Ballorientiert nimmt den 1. FCN genauer unter die Lupe!

Wir müssen viele, viele Schritte gehen, um noch erfolgreicher zu sein. Und damit haben wir jetzt begonnen. Die Gesamtgemengelage stimmt beim Club.





So resümierte Sportvorstand Dieter Hecking die Saison 2021/2022 des 1. FC Nürnberg nach der Heimniederlage am letzten Spieltag gegen 2. Liga-Meister Schalke 04. Dass sich der „Glubb“ wieder in ruhigeren Fahrwassern bewegt, liegt auch an der Kontinuität, die seit zwei Jahren wieder im Verein herrscht. Denn seit 2020 hat Dieter Hecking die Position des Sportvorstand inne und sorgt mit all seiner Erfahrung und ruhigen Art für positive Stimmung im Frankenland. Einer seiner ersten Amtshandlungen war die Verpflichtung des talentierten Trainers Robert Klauß von RB Leipzig, der nun seit ebenfalls zwei Jahren beim 1. FCN tätig ist.

Stabilisierung nach Beinahe-Abstieg des 1. FCN

Über die Jugendmannschaft der Sachsen arbeitete sich der heute 37-Jährige hoch bis zu den Profis, wo er klangvollen Namen wie Ralf Rangnick und zuletzt Julian Nagelsmann assistierte. Als Klauß 2018 den Fußballlehrer als Jahrgangsbester mit der Note 1,0 abschloss, war bereits zu erahnen, dass der gebürtige Brandenburger eines Tages als Cheftrainer im deutschen Profi-Fußball Fuß fassen sollte. Folglich fand der einstige Oberliga-Spieler zu Beginn der Saison 2020/2021 keine einfach Lage in Nürnberg vor. Nach dem Bundesliga-Abstieg 2019 konnte der Absturz in die Drittklassigkeit in der Folgesaison nur in letzter Sekunde in der Relegation gegen den FC Ingolstadt vereitelt werden. Es musste wieder Stabilität her – und für diese sorgte Robert Klauß. Nach einer zwischenzeitlich schwierigen Phase stabilisierte Klauß die Mannschaft und konnte am Ende einen souveränen 11. Platz einfahren.

Mathenia 1. FC Nürnberg
Christian Mathenia ist seit 2018 beim 1. FCN und erlebte beinahe den Absturz von Liga 1 in Liga 3.
Granada, 20190428 DFL 1. Bundesliga FCN – FCB DSC 7572, CC BY-SA 4.0

Weiterentwicklung unter Klauß

Dass der 1. FCN nicht nur noch viele Schritte vor sich hat, sondern auch schon gegangen ist, zeigte sich in der vergangenen Saison. Von Beginn an blieb man den Abstiegsplätzen fern. Ganz im Gegenteil: nach 11 Spieltagen und 7 Zu-Null-Spielen war man ungeschlagen in die Saison gestartet. Insbesondere die Defensive funktionierte im zweiten Jahr unter Klauß besser. Die Hoffnung, unter den ersten 3 Mannschaften der 2. Bundesliga zu landen, zerschlug sich erst am 31. Spieltag. Durch einen Sieg im Heimspiel gegen den SV Sandhausen wäre Platz 3 mit nur einem Punkt Rückstand so nah wie nie. Doch es folgte eine bittere Lehrstunde für die junge Nürnberger Mannschaft: bei der 2:4-Heimniederlage kassierte man alle 4 Gegentore nach Ecken und musste somit die letzten Aufstiegsträume begraben. Zum Saisonende war die Luft bei den „Glubberern“ raus und man fiel mit 5 sieglosen Spielen noch von Rang 5 auf 8. Dennoch eine zufriedenstellende Saison, wie Trainer Klauß feststellt:

Wir haben vor der Saison Platz 5-8 ausgegeben. Das haben wir erreicht. [..] Wir haben darüber hinaus wichtige Schritte mit der Mannschaft gemacht. [..] Es war ein gute Saison – keine sehr gute, aber eine gute.





Das Statement des Trainers zeigt sowohl die realistische Herangehensweise als auch die Ambitionen, die in Nürnberg herrschen. Bekanntermaßen ist Sportvorstand Hecking trotz seiner Besonnenheit eine sehr ehrgeizige Person. Mittelfristig soll die Rückkehr in die Bundesliga gelingen. Die besagten Schritte sollen dabei weiter mit Trainer Klauß gegangen werden, wie die Vertragsverlängerung im Mai unterstreicht. Längst ist ein solches Vertrauen in den Trainer beim 1. FC Nürnberg keine Selbstverständigkeit mehr. Der letzte Übungsleiter, der länger als Klauß bei den Franken an der Seitenlinie stand, war tatsächlich Dieter Hecking selbst in den Jahren 2009 bis 2012. Seitdem herrschte viel Rochade auf der Position des Trainers.

Dieter Hecking sorgt für Kontinuität im Frankenland.
Fußballfachmann Dieter Hecking sorgt für Kontinuität im Frankenland.
Jan Heimerl, Dieter Hecking – Pressekonferenz zur Vorstellung von Luiz Gustavo 2013, CC BY-SA 3.0

Spielerische Defizite beim 1. FC Nürnberg

Doch nun herrscht Beständigkeit. Das Trio Hecking, Rebbe und Klauß ist gewillt, sich gemeinsam mit der Mannschaft und dem gesamten Verein weiterzuentwickeln. Trotz des erreichten Saisonziels gibt es vor allem fußballerisch noch Entwicklungspotential beim 1. FCN. Zwar startete man mit 11 Spielen ohne Niederlage in die vergangenen Saison, jedoch war die Art und Weise nicht immer überzeugend, wie Klauß selbst eingesteht. Dennoch konnte man mit Wille und Leidenschaft in dieser Phase viele Punkte einsammeln, was speziell bei den frenetischen Anhängern des Glubbs sehr gut ankommt. Nichtsdestotrotz es schaffe das Trainerteam der Mannschaft im Laufe der Saison eine dominantere Spielweise einzuimpfen. Allerdings offenbarten sich hierbei Schwächen beim Spiel im eigenen Ballbesitz. Gegen vermeintlich unterlegene Gegner fiel es der Klauß-Elf oftmals schwer, gefährliche Torchancen zu kreieren. Will man in der kommenden Saison oben mitspielen, muss das Spiel mit Ball besser werden.

Klauß Spielsystem

Dass Robert Klauß seiner Mannschaft einen klaren Plan mit auf dem Weg gibt, unterstrich er bereits im Februar letzten Jahres  auf einer Pressekonferenz, als man der Nürnberger Mannschaft Planlosigkeit unterstellte:

Wir sind in einem 4-2-2-2 auf Pressinglinie 1 angelaufen. Nach Ballgewinn wollten wir über die ballfernen Zehner umschalten. In Ballbesitz sind wir in eine Dreierkette abgekippt mit einem asymmetrischen Linksverteidiger und einem breitziehenden linken Zehner, sodass wir in ein 3-4-3 respektive 3-1-5-1 abgekippt sind – je nachdem, wo sich Dove aufgehalten hat.

Was bei vielen Journalisten für Verwirrung und Unverständnis sorgte, gehört heutzutage zum kleinen 1mal1 eines jeden Übungsleiters. Doch wie so oft im Fußball klafft eine Lücke zwischen Theorie und Praxis, weshalb der Plan des Trainers nicht immer zu 100% erkennbar ist.

Grundsätzlich favorisiert Klauß ein 4-4-2 mit enger Raute, was jedoch im Ballbesitz sehr dem Matchplan im obigen Zitat ähnelt. Dabei gliedert sich der linke Außenverteidiger in eine Dreierkette mit den beiden Innenverteidiger ein. Sein Pendant rechts schiebt hingegen hoch, um für Breite im Spiel mit Ball zu sorgen. Auf der anderen Seite schiebt der linke Achter nach Außen, während die anderen beiden zentralen Mittelfeldspieler meist ihre Position halten. Die Offensiven Drei zeigen sich als sehr flexibel und ordnen sich in einer 1-2 oder 2-1-Positionierung an.



Der Kader: Torjäger gesucht

Die Vermutung liegt nahe, dass Klauß auch in der kommenden Saison auf sein inzwischen etabliertes Spielsystem setzt. Jedoch sind es letztendlich die Spieler, die den Plan in die Tat umsetzen müssen. Ob man tatsächlich ganz oben angreifen kann, hängt auch zum großen Teil vom Spielermaterial ab. Insbesondere in vorderster Front drückt der Schuh bei den Franken. Der beste Torschütze war Nikola Dovedan mit gerade einmal 7 Toren – zu wenig für einen Aufstiegsaspiranten. Zwar hat man mit Manuel Schäffler einen klassischen Neuner im Kader, jedoch konnte der 33-Jährige mit mageren 4 Saisontoren den Erwartungen der Nürnberger nicht gerecht werden. Abhilfe könnte Christoph Daferner schaffen, der beim Absteiger Dynamo Dresden beachtliche 13 Saisontore erzielen konnte. Der 1,89m-große Torjäger könnte das fehlende Puzzleteil in der Nürnberger Offensive sein. Eine weitere neue Option bietet der bullige Manuel Wintzheimer, der sowohl im Zentrum als auch am Flügel einsetzbar ist. Niklas Dovedan hingegen verlässt den Verein.

Trotz des schmerzlichen Abgangs von Tom Krauß zum Aufsteiger Schalke 04, ist der 1. FCN im zentralen Mittelfeld mit Tempelmann, Nürnberger, Duman und Geis ordentlich besetzt. Vor allem Johannes Geis könnte im neuen Nürnberger Ballbesitzspiel eine wichtige Rolle als Taktgeber vor der Abwehr übernehmen.

Auch in der Abwehr muss man mit Kilian Fischer einen hochtalentierten Spieler in die Bundesliga ziehen lassen. Jedoch hat man mit Jan Gyamerah bereits für Ersatz gesorgt. Der gestandene Zweitligaprofi hat das Potential zum Leistungsträger bei den Franken zu avancieren. Auf der linken Abwehrseite hat man mit Erik Wekesser eine neue taktische Option im Spiel nach vorne. Während Tim Handwerker die Rolle des LVs eher defensiv interpretierte, hat Wekesser seine Stärken in der Offensive. Für die Innenverteidigung konnte man den 19-jährigen Sadik Fofana von Bayer 04 Leverkusen leihweise verpflichten. Der junge Togolese gilt als hochtalentiert und peilt seinen Durchbruch beim 1. FC Nürnberg an.

Insgesamt verfügen die Nürnberger bereits über einen ordentlichen Zweitliga-Kader. Da der Transfer von Daferner kurz bevor steht, scheint das Problem im Sturm gelöst zu sein. Dass die Nürnberger weiter mit Ruhe und Kontinuität arbeiten wollen, zeigt sich ebenfalls bei der Kaderplanung. Bis auf ein paar unvermeidliche Abgänge scheint der Kern des Kaders zusammenzubleiben, um gemeinsam mit dem Trainer den nächsten Schritt gehen zu können.

So könnte der 1. FC Nürnberg beispielsweise in der kommenden Saison spielen:

1. FC Nürnberg Aufstellung
Bei zwei offensiven Außenverteidigern könnte Johannes Geis zwischen den beiden Innenverteidigern den Spielaufbau ankurbeln. Fixpunkt im Sturm könnte der mögliche Neuzugang Christoph Daferner werden, während Shuranov und Daehli um ihn herum wirbeln.



Der nächste Schritt?

Wie bereits anfangs zitiert: die Gesamtgemengelage stimmt beim 1. FC Nürnberg. Dieter Hecking konnte in den vergangenen beiden Jahren mit seinem Team ein stabiles Fundament aufbauen. Auf dieser Grundlage könnte in der kommenden Saison der nächste große Schritt getan werden. Allerdings ist man realistisch beim 1. FCN und weiß um die Stärke und Komplexität der 2. Bundesliga. Mit Hannover 96 und dem Hamburger SV greifen zwei Schwergewichte nach dem Aufstieg. Dennoch braucht sich der 1. FC Nürnberg mit seinem Trainer, Mannschaft, Stadion und Fans vor keinem Verein dieser Liga verstecken. Bei einem ähnlichen starken Saisonstart wie letzte Saison gepaart mit einem dominanteren Auftreten dürfte vieles möglich sein. Es ist zu rechnen mit dem 1. FC Nürnberg!

Dir hat unser Beitrag gefallen? Dann schau doch gerne mal bei Social Media vorbei und unterstütze ein junges Fußball-Magazin aus Oberfranken (Kulmbach):
FacebookInstagramTwitter





Beitragsbild: Hintergrundbild
Markus Unger from Vienna, Austria, 2011-11-26 Club-Lautern13 (6413688121), CC BY 2.0

Cookie Consent mit Real Cookie Banner