1. Cleveres Wirtschaften
Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesligavereinen sind die finanziellen Möglichkeiten in Berlin-Köpenick sehr begrenzt. Viele Fehltritte darf man sich dementsprechend nicht auf dem Transfermarkt erlauben. Dank guter Arbeit der Verantwortlichen um Oliver Ruhnert bleiben diese in der Regel bei Union auch aus. Ganz im Gegenteil! Oftmals konnte man in der Vergangenheit viele Neuzugänge wenig später mit einem ordentlichen Transferplus verkaufen, wie folgende Beispiele zeigen:
Spieler | Einkauf | Verkauf | Gewinn |
Awonyi | 8,55 Mio. € | 20,50 Mio. € | 11,95 Mio. € |
Andrich | 3,15 Mio. € | 6,50 Mio. € | 3,35 Mio. € |
Kruse | ablösefrei | 5,00 Mio. € | 5,00 Mio. € |
Friedrich | 2,50 Mio. € | 5,50 Mio. € | 3,00 Mio. € |
Andersson | ablösefrei | 6,50 Mio. € | 6,50 Mio. € |
Wie man bei Union Berlin feststellen kann, schließen sich cleveres Wirtschaften und sportlicher Erfolg nicht zwingend aus. In den vergangenen 10 Jahren verzeichnete man insgesamt ein Transferplus von knapp 8 Mio. €. In der selben Zeit schaffte man den Aufstieg vom Tabellenneunten der 2. Bundesliga zum Tabellenfünften der 1. Bundesliga und somit Europa League-Teilnehmer.
Datenquelle: transfermarkt.de
2. Starkes Händchen für Neuzugänge
Dass man in den vergangenen Jahren ein Transferplus erwirtschaften konnte, bedeutete gleichzeitig den regelmäßigen Verlust von Leistungsträgern. Nach Abgängen von Kruse, Prömel, Andrich oder Awonyi schien ein Leistungsabfall vorprogrammiert. Doch nicht bei Union Berlin. Durch clevere und kreative Transfers schaffte man nicht nur die Abgänge abzufangen, sondern sich sogar weiter zu verbessern. Als fast schon „union-typische“ Transfers gelten ablösefreie Neuzugänge wie Khedira, Haraguchi, Gießelmann, Knoche oder Behrens. Bei ihren vorherigen Vereinen meist und dem Radar fliegend, blühen sie im Kollektiv unter Urs Fischer auf und tragen zum Berliner Erfolg bei.
Wenn bei Union etwas Geld in die Hand genommen wird, scheint dies Hand und Fuß zu haben. Aktuellstes Beispiel ist Jordan Siebatcheu. Nach dem Abgang von Taiwo Awonyi in die Premier League war es fast schon ausgeschlossen mit den gegebenen Möglichkeit einen ähnlich passenden Sturmpartner für Sheraldo Becker zu finden. Mit Siebatcheu bewies man wie so oft das Gegenteil. In seinen ersten vier Partien konnte der Neuzugang aus der Schweiz bereits zwei Tore und zwei Vorlagen liefern. Noch viel wichtiger ist das harmonische Zusammenspiel mit Becker. Da Siebatcheu am Ball noch einen Tick besser als sein Vorgänger Awonyi zu sein scheint, profitiert auch Becker enorm vom Neuzugang. Die Folge ist fünf Tore in der ersten 5 Bundesligaspielen, womit Becker seine Ausbeute aus der Vorsaison schon jetzt übertreffen konnte.
3. Trainer Urs Fischer
Blickt man auf die durchschnittlichen Marktwerte der Spieler der Bundesliga, so können nur die Aufsteiger aus Bremen und Schalke sowie der VfL Bochum einen geringen Wert als der FC Union vorweisen. Und dennoch hält man sich seit nun mehr zwei Jahren im oberen Drittel der Bundesliga. Dies hat logischerweise auch mit der hervorragenden Arbeit von Trainer Urs Fischer und seinem Team zu tun. Wie bereits angedeutet verpflichtet Union nicht selten Spieler, die den Wechsel an die Alte Försterei als letzte Chance für den Traum Bundesliga sehen. Dementsprechend unsicher ist die Frage ob der Bundesligatauglichkeit dieser Spieler. Allerdings nicht für Urs Fischer. Immer wieder schafft es der Schweizer, die Neuzugänge nahtlos in sein System zu integrieren und wie gestandene Bundesligaprofis aussehen zu lassen.
Hilfreich dabei sind seine klaren Vorstellungen vom Fußball, den er von seiner Mannschaft sehen will. Schon seit geraumer Zeit setzt Fischer auf eine 3-3-2-2-Formation, in der in erster Linie das disziplinierte Spiel gegen den Ball Vorrang hat. Kaum eine Mannschaft schafft es derart kompakt dem Gegner sämtliche Räume zu verwehren. Dies liegt auch an der koordinierten Vorwärtsbewegung, die dem Gegner nur selten Möglichkeiten zum Kontern gibt. Besonders wichtig in Fischers System ist die Doppelspitze. Mit Sheraldo Becker hat man einen schnellen Mann, der die tiefen Räume hinter der gegnerischen Abwehr anlaufen soll. Sein Pendant – erst Awonyi und nun Siebatcheu – zeichnet sich hingegen durch Körperlichkeit aus, der lange Bälle mit dem Rücken zum Tor festmachen und weiterleiten soll. Ebenso sollen die Flanken der aufrückenden Schienenspieler um Trimmel und Ryerson den Kopf des 1,9m-großen Stürmers finden. Ein System, das in der Theorie so einfach klingt. In der Praxis bedarf es allerdings großer taktischer Disziplin, weshalb es nicht viele Mannschaften gibt, die es derart perfekt auf den Rasen bringen wie Urs Fischers FCU.
4. Heimstärke – die Alte Försterei
Nur drei Niederlagen aus den letzten 41 Heimspielen: die Alte Försterei ist eine richtige Festung für den FCU. Nur Borussia Dortmund, Bayern München und der FC Augsburg schafften es in dieser Zeit, die Unioner im heimischen Stadion zu besiegen. Großen Anteil daran haben sicherlich auch die frenetischen Fans der Eisernen. Wenn kurz vor Spielbeginn Nina Hagens „Eisern Union!“ im Stadion ertönt, dürfte das auch so manchem Gästefan Gänsehaut bescheren. Nicht weniger laut ist die Unterstützung während der 90 Minuten – völlig unabhängig vom Spielstand. Auch wenn die Ergebnisse der jüngeren Vergangenheit meist zu Gunsten der Heimkulisse ausfielen, so kann sich die Mannschaft der Eisernen auch bei umgekehrten Vorzeichen auf den Support ihrer Fans verlassen.
Hatte letztens ein sehr bierseliges Gespräch mit einer Wirtin. Sie, im Union-Trikot, legte ihre Hand auf meine Schulter und sagte: „Ihr müsst eure Jungs einfach lieben. Egal, was passiert. Dann wird das schon!“ Romantisch. Vermutlich wahr.
via Twitter/@BigCityClubBSC
Gestandener Bundesligist
Alles in Allem stimmt zurzeit vieles in Berlin-Köpenick. Während man vor drei Jahren noch mit 57 Punkten in die Bundesliga aufstieg, erreichte man nun die gleiche Punktezahl in der höchsten deutschen Spielklasse. Der Start dieser Saison bestätigt die Leistungen der vergangenen Jahre. Union ist und bleibt ein erfrischendes Beispiel dafür, dass Erfolg auch mit harter Arbeit und cleverem Umgang mit den gegebenen Mitteln zu erreichen ist. Im vierten Jahr nach dem Aufstieg scheint man bereits mehr als ein gestandener Bundesligist zu sein und ist aus dieser Liga nicht mehr wegzudenken.
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Beitragsbild Hintergrund:
Steffen Prößdorf, 2022-04-20 Fußball, Männer, DFB-Pokal, RB Leipzig – 1. FC Union Berlin IMG 4306 by Stepro, CC BY-SA 4.0