Nach schwerer Zeit: Felix Platte startet durch!








Der wichtigste Aspekt ist sicherlich meine Gesundheit, die ich gemeinsam mit dem Verein gut in den Griff bekommen habe. Der Verein steuert das alles sehr gut, ich werde optimal betreut. Und dann ist für einen Spieler natürlich sehr wichtig, dass er das Vertrauen des Trainers spürt und viel Spielzeit erhält. Das ist hier absolut der Fall – das tut mir richtig gut.

Felix Platte im „AWesA“-Interiew im Januar 2022

18. Februar 2015, Gelsenkirchen – Veltins Arena: es ist die 33. Minute im Champions League-Achtelfinal-Hinspiel zwischen dem FC Schalke 04 und Real Madrid. Nachdem sich Klaas-Jan Huntelaar in einem Zweikampf verletzt hat, folgt der große Moment für den 19-jährigen Nachwuchsstürmer der Königsblauen. Felix Platte feiert vier Tage nach seinem Bundesligadebüt nun auch seinen ersten Auftritt in der Königsklasse – gegen die Königlichen aus Madrid. In der Schlussphase der Partie verhindert nur der Querbalken am Gehäuse von Iker Casillas das Debüt-Tor für den jungen Platte. Es schien der Anfang einer großen Karriere zu werden. Doch bis heute war es der erste und einzige Einsatz für Felix Platte in der Champions League.

Felix Plattes Verletzungsmisere

Erst sieben Jahre später – in der Saison 2021/2022 – konnte Platte zum ersten Mal innerhalb einer Serie die 25-Spiele-Marke in seiner Karriere knacken. Besonders schade, wenn man den Mittelstürmer in diesen Zeiten im Trikot des SC Paderborn auflaufen sieht. Denn Platte bringt alles mit, was man sich von einem Mittelstürmer wünschen kann: schnell, robust, kopfballstark, gut am Ball. Doch war es eine Verletzungsmisere, die ihm in den vergangenen Jahren regelmäßige Einsatzzeiten verwehrte. Von 2018 bis 2020 blieb Platte sogar knapp 2 Jahre ohne Startelfeinsatz – fatal für die fußballerische Entwicklungen eines Spielers in diesem Alter. Wer jedoch von 2013 bis 2022 über 100 Pflichtspiele verletzungsbedingt verpassen muss und immer wieder zurückkommt, entwickelt sich neben dem Platz umso mehr. Nämlich zu einer echten Kämpfernatur. Denn Felix Platte ließ wenig unversucht, um seinen Körper gegen jegliche Widrigkeiten vorzubereiten und verlor letztendlich nie den Glauben.

Platte & Paderborn das passt – und das wollen die Leute auch sehen!

Das große Glück scheint der inzwischen 26-Jährige nun beim SC Paderborn gefunden zu haben. Nach 5 Jahren beim SV Darmstadt 98 ging es für den gebürtigen Westfalen letzten Sommer zum SCP, bei dem er bereits im Nachwuchsleistungszentrum aktiv war. Auch wenn kleine Wehwehchen nicht komplett ausbleiben, scheinen Spieler und Verein eine Lösung für seine Verletzungsanfälligkeit gefunden zu haben. So konnte Platte in seiner ersten Saison für die Paderborner in 25 Pflichtspieleinsätze (16 von Anfang an) 8 Tore und 6 Vorlagen beisteuern. Besonders in der ersten Saisonhälfte, in der Platte alle 70 Minuten direkt an einem Tor beteiligt war, lief es hervorragend für den Neuzugang, bis ihn einen Beckenverletzung zum Saisonende ausbremste.







Alle 49 Minuten an einem Tor beteiligt

Geht nicht besser? Geht doch! Dass ein fitter Platte zu den besten Spielern der 2. Bundesliga gehört, stellt er in der Frühphase dieser Saison eindrucksvoll unter Beweis. So konnte Platte in den ersten 6 Spielen bereits 6 Tore und 3 Vorlagen für seine Farben erzielen. Somit toppt der Top-Scorer der Liga seine Quote aus der Vorsaison und ist alle 49 Minuten direkt an einem Tor beteiligt!

Felix Platte – ein kompletter Stürmer

Schaut man sich Plattes Treffer im Einzelnen an, kann man ein sehr gutes Stellungsspiel erkennen. Immer wieder schafft er es durch clevere Laufwege sich dem Gegenspieler zu entziehen und im freien Raum einschussbereit zu positionieren. Dabei zeigt er sich sehr effizient. Jeder dritte Abschluss Plattes findet in dieser Saison den Weg ins Tor. Somit erzielte er 1,3 Tore mehr als erwartetet (Tore 6 / xG 4,7). Doch Platte ist nicht nur ein klassischer Mittelstürmer, der wartet bis ihm der Ball vor die Füße fällt. Ganz im Gegenteil. Durch seine gute Technik nimmt Platte aktiv an Lukas Kwasnioks Offensivfußball teil, macht Bälle fest und setzt seine Mitspieler in Szene. So zu sehen am vergangenen Wochenende beim 2:2 beim FC St. Pauli. Nur eine hauchdünne Abseitsposition vom blitzschnellen Sirlord Conteh verhinderte den möglichen Vorlagen-Hattrick für Platte. Eine durchschnittliche Passquote von 75% sprechen bei einem Offensivspieler zudem für sich.

Apropos blitzschnell – auch an Schnelligkeit fehlt es Platte keineswegs.  Mit einer Spitzengeschwindigkeit von knapp 35km/h gab es in der vergangenen Saison nur 20 Spieler, die diese Marke noch überbieten konnten. Eine Eigenschaft, die sehr wichtig im Paderborner Spiel ist. Denn Kwasniok lässt seine Mannschaft gerne mittels Tiefenläufe zwischen gegnerischem Innenverteidiger und Außenverteidiger den Weg zum Tor suchen. Da man sich spielerisch im Vergleich zur letzten Saison weiterentwickelte, ist der SCP nun vermehrt im Ballbesitz. Folglich steht der Gegner oftmals tiefer, wodurch sich der Raum für Tiefenläufe hinter der letzten Linie deutlich begrenzt. Auch hier schaffen die Qualitäten von Felix Platte Abhilfe. Durch seine robusten 1,9-Meter ist Platte jederzeit in der Luft anspielbar. Nicht umsonst erzielte Platte über ein Drittel seiner Tore für den SCP per Kopf.

Will man aktuell eine Schwäche bei Felix Platte suchen, so könnte man womöglich bei seiner Torquote mit dem linken Fuß ansetzen. Nur insgesamt einmal traf er bisher mit seinem schwächeren Fuß für den SCP. Die Paderborner Fans werden es ihm verzeihen, solange er mit dem starken Rechten die Bälle auch mal aus 40m-Entfernung in den Knick donnert, wie bspw. in der vergangenen Saison beim Auswärtssieg in Bremen. Dass sich die vielen Ausfallenzeiten in der Fitness und Intensität bemerkbar machen, liegt auf der Hand. Doch auch körperlich zeigte sich Platte zuletzt in guter Form, wie sein Einsatz über die volle Distanz beim FC St. Pauli unterstrich.

Bleibender Eindruck in Darmstadt

Es ist verlockend zu spekulieren, wie die Karriere des Felix Platte wohl ohne Verletzungen verlaufen wäre. Doch sein Weg macht ihn zu dem, der er heute ist. Der „Lilienblog“ schrieb nach Plattes Abgang bei den Lilien schmerzhaft:

Felix Platte hat beim SV Darmstadt 98 viel gerissen – und das leider ganz wörtlich: Muskelfaser- und Muskelbündelrisse setzten ihn immer wieder matt.

Und trotzdem hinterließ Platte einen bleibenden Eindruck. Neben seinen wenigen und dennoch wichtigen Toren bleibt vor allem ein starker Charakter mit großem fußballerischem Talent in Erinnerung. Auch in Darmstadt dürfte man sich trotz des Konkurrenzkampfes in der 2. Liga über die Entwicklung des Ex-Stürmers freuen.







Zu Höherem berufen?

In Paderborn ist man sich indessen bewusst, dass ein fitter Platte mit seinen Fähigkeiten auf Dauer nichts in der 2. Bundesliga verloren hat. Doch das gleiche gilt derzeit auch für den Verein. Denn mit der aktuellen Form ist ebenso der SC Paderborn zu Höherem berufen. Sollten sowohl Platte als auch der SCP die aktuelle Form über den Großteil dieser Saison halten können, so dürfte sich die Frage nach dem nächsten Schritt erübrigen. Für Felix Platte persönlich dürfte jedoch vorerst eines im Vordergrund stehen: fit bleiben und weiterhin Spaß am Fußball haben!

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Beitragsbild Hintergrund:
Markus Unger from Vienna, Austria, 2012-02-26 Paderborn06 (6791756502), CC BY 2.0

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