RB Leipzig hat mit dem Pokalsieg den ersten Titel eingefahren – nur 13 Jahre nach Gründung. Der Weg dahin und wann der nächste Titel folgt. Jetzt bei ballorientiert.
Inhaltsverzeichnis
1. RB Leipzigs Historie
1.1 Gründung und Anfänge
1.2 Ära Rangnick – von der Regionalliga in die Champions League
1.2.1 RB Leipzigs Durchmarsch in die 2. Liga
1.2.2 Der erste Stillstand
1.2.3 Von 0 in die Champions League
1.3 Gegenwart – der erste Weg zum Titel
1.3.1 Zwei Jahre Nagelsmann
1.3.2 Von der Horrorsaison zur erfolgreichsten der Vereinsgeschichte
2. Nur Kohle oder steckt mehr hinter RB Leipzig?
2.1 Transferübersicht
3. RB-Stil
4. Wann folgt der nächste Titel?
RB Leipzigs Historie
Gründung und Anfänge
Nachdem Red Bull bereits zuvor in Österreich ins Fußballgeschäft eingestiegen war, folgte dies 2009 auch in Deutschland. Das primäre Ziel war es, einen Traditionsverein wieder zu alten Erfolgen zu verhelfen. Kontaktaufnahmen mit 1860 München, Fortuna Düsseldorf und St. Pauli scheiterten aber an den zu großen Forderungen. Den nächsten Versuch sah die Stadt Leipzig vor. Der Einstieg bei Sachsen Leipzig scheiterte an Fanprotesten und Statuten des DFBs.
Am 19. Mai 2009 wurde RB Leipzig schlussendlich gegründet. „RB“ steht aber nicht für „Red Bull“, sondern für „RasenBallsport“. Doch warum? Ganz einfach – in Deutschland sind keine Vereinsnamen zu Werbezwecken erlaubt. Anders als in Österreich. Deshalb heißt der dortige Verein tatsächlich Red Bull Salzburg.
Zurück zur Gründung von RB Leipzig. Für die Saison 2009/2010 erkaufte man sich das Startrecht des SSV Markranstädt und übernahm deren Platz in der fünftklassigen Oberliga Nordost. Gleich in der ersten Spielzeit verpflichtete man einige Spieler aus höherklassigen Ligen – unter anderem Timo Rost.
Den ersten Erfolg konnte man schnell einfahren. Mit 22 Punkten Vorsprung wurde man souverän Meister und stieg damit in die Regionalliga auf. Der geplante Durchmarsch blieb aus. In den beiden darauffolgenden Saisons musstet man sich mit enttäuschenden dritten und vierten Plätzen zufriedengeben.
Ära Rangnick – von der Regionalliga bis in die Champions League
RB Leipzigs Durchmarsch in die 2. Bundesliga
Denkt man an RB Leipzig, denkt man zwangsläufig auch oft noch an Ralf Rangnick – mit Recht! Der zukünftige ÖFB-Trainer übernahm zur Saison 2012/13 das Amt des Sportdirektors. Im selben Atemzug konnte man Alexander Zorniger als Cheftrainer gewinnen. Mit erneut einigen personellen Verstärkungen spielte man eine makellose Saison in der Regionalliga. Ungeschlagen und souverän ging man als Meister hervor. In der darauffolgenden Relegation musste man bis in die Verlängerung, setzte sich aber in dieser durch.
Nach dem Aufstieg in die 3. Liga gelang es den Sachsen erneut, sich zu verstärken. Bekannte Spieler wie Yussuf Poulsen oder Joshua Kimmich verstärkten die Leipziger. Zwischenzeitlich blieb man über ein Jahr lang ohne Niederlage in einem Pflichtspiel. Am Ende der Saison stand der erneute Aufstieg. Punktgleich mit dem Meister Heidenheim gelang RB der Durchmarsch in die 2. Bundesliga.
Der erste Stillstand
In dieser angekommen war es lange nicht sicher, ob RB überhaupt die nötige Lizenz für den Spielbetrieb erhalten würde. Durch eine Logoänderung sowie eine Neu-Besetzung der Führungspositionen (unter anderem der heutige Geschäftsführer Oliver Mintzlaff) konnte man letztendlich in der zweithöchsten Spielklasse an den Start gehen.
Nach einem guten Saisonstart kam es aber erstmals in der Ära Rangnick zu einer kleinen sportlichen Delle. Diese endete mit der – für viele etwas überhasteten – Entlassung des bisherigen Erfolgstrainers Zorniger als man drohte, die Aufstiegsränge zu verpassen. Damit unterstrich man erneut, dass man schnellstmöglich ganz nach oben möchte. Aber auch nach der Entlassung gab es keinen Aufwärtstrend. So beendete man die Saison auf einem enttäuschenden 5. Platz.
In der darauffolgenden Saison 2015/16 übernahm Ralf Rangnick höchstpersönlich das Amt des Cheftrainers. Dafür gab er den Sportdirektorposten in Salzburg ab, den er bis dahin auch ausführte. Dazu verstärkte man den Kader weiterhin. Insgesamt gab man über zwei Millionen mehr aus als die anderen 17 Zweitligisten zusammen, was dementsprechend für Kritik sorgte. Sportlich konnte man von Anfang an überzeugen. Am Ende standen starke 67 Punkte und damit die Vize-Meisterschaft hinter dem SC Freiburg zu Buche. Der Aufstieg in die Bundesliga war geschafft.
Von 0 in die Champions League
Angekommen in der obersten Spielklasse konzentrierte sich Macher Rangnick wieder auf seinen Job als Sportdirektor. Trainer wurde der Österreicher Ralph Hasenhüttl. Um in der Bundesliga angreifen zu können, öffnete man den Geldbeutel recht üppig. Unter anderem Timo Werner, Dayot Upamecano und Naby Keïta verpflichtete man vor oder während der Saison. Mit einem Sieg gegen Borussia Dortmund am 2. Spieltag setzte man das erste Ausrufezeichen. Zwischenzeitlich war man sogar Tabellenführer. Am Ende der Saison belegte man einen tollen 2. Rang hinter dem Serienmeister aus München.
Der Einzug in die Champions League war geglückt – acht Jahre nach Vereinsgründung.
In der Folgesaison konnte RB nicht an die vorherigen Leistungen anknüpfen. In beiden Pokalwettbewerben schied man früh aus. Außerdem erreichte man in der Liga nur Platz 6 – zu wenig für die RB-Bosse. Deshalb trennte man sich nach der Saison von Ralph Hasenhüttl. Erneute zeigte sich, dass in Leipzig kein Stillstand geduldet wird.
Nachdem man sich mit Julian Nagelsmann als Cheftrainer für die Folgesaison einigen konnte, übernahm erneut Ralf Rangnick für das Übergangsjahr – wie in der Aufstiegsaison. 2018/19 verzeichneten die „Roten Bullen“ erstmals ein Transferplus. Auch sportlich lief es wieder besser. Mit einem 6:0 gegen den FC Nürnberg gelang unter anderem der bis dahin höchste Bundesliga-Sieg. Nach einer starken Rückrunde qualifizierte man sich als Dritter erneut für die Champions League. Garant hierfür war die stärkste Defensive der Liga mit nur 29 Gegentoren. Im DFB-Pokal konnte man sich erstmals für das Finale qualifizieren. Hier unterlag man aber den Bayern mit 0:3.
Gegenwart – der Weg zum ersten Titel
Zwei Jahre Nagelsmann
Parallel zur Übernahme von Julian Nagelsmann verließ DAS bisherige Gesicht hinter der RB-Erfolgsgeschichte Ralf Rangnick den Verein. Schnell verstand es die Mannschaft, die neue Spielphilosophie umzusetzen. Mit einem 8:0 Sieg gegen Mainz konnte man den bislang höchsten Sieg aus der Vorsaison noch einmal toppen. Die Winterpause schloss man mit 37 Punkten als Herbstmeister ab. Trotz der Januar-Verpflichtungen von Dani Olmo und Angelino kam man nur schleppend in die Rückrunde. Nach zwischenzeitlicher Bundesliga-Unterbrechung musste man sich am Ende der Spielzeit mit dem erneut 3. Platz zufrieden geben.
Für Aufsehen sorgte man erstmals auch in der Königsklasse. Nach Siegen unter anderem gegen Atlético Madrid erreichten die Leipziger das Halbfinale, in dem sie gegen PSG ausschieden.
Im zweiten Jahr unter Nagelsmann konnte man den Abgang von Torjäger Timo Werner nicht kompensieren. Die teuren Neuzugänge Sørloth und Hwang konnten den schnellen Stürmer nicht ansatzweise ersetzen. Nicht von ungefähr erzielte man in der Vorsaison 81 Tore – 2020/21 nur noch 60. Dennoch konnte man in der Liga zum zweiten Mal Vizemeister werden – auch weil die Konkurrenz um Dortmund mit einigen Unruhen keine gute Saison spielte. Unruhen gab es auch bei RB. Als der Abgang von Nagelsmann sowie Abwehrchef Upamecano zum Rekordmeister aus München bekannt wurde, kriselte es intern. Die Stimmung rund um RB war lange nicht so gut wie zuvor. Das erneut erreichte Pokalfinale verlor man gegen den BVB klar mit 1:4.
Von der Horrorsaison zur erfolgreichsten der Vereinsgeschichte
Den scheidenden Nagelsmann ersetzte man RB-intern durch den ehemaligen Co-Trainer Rangnicks und vorherigen Red Bull Salzburg Coach Jesse Marsch. Dazu fand auch im Kader ein großer Umbruch statt. So verließ unter anderem Kapitän Sabitzer den Verein – im Gegenzug konnte man Toptalente wie Josko Gvardiol trotz großer Konkurrenz verpflichten. Die zu Saisonbeginn große Euphorie fand ein schnelles Ende. Mit drei Niederlagen aus vier Ligaspielen fand man sich schnell in der unteren Tabellenhälfte wieder. Marsch und Leipzig passte von Anfang an nicht zusammen. Außer den Spieler der Saison Christopher Nkunku konnte er kaum einen Spieler passend in Szene setzen. Deshalb kam es bereits am 14. Spieltag zur Trennung. Zu diesem Zeitpunkt stand man auf Platz 11. Nachfolger Domenico Tedesco überwinterte mit RB auf Platz 10. Dank der grandiosen Rückrunde – Platz 1 in der Tabelle – konnte man sich noch in die Top-4 spielen und sich somit erneut für die Champions League qualifizieren.
Auch in den Pokalwettbewerben fand man wieder zu alter Stärke. Eine starker Lauf in der Europa League endete erst gegen das Überraschungsteam Glasgow Rangers im Halbfinale. Noch besser machte man es im DFB Pokalfinale – trotz langer Unterzahl setzte man sich am Ende im Elfmeterschießen gegen den SC Freiburg durch. Tedesco gelang somit, was weder Nagelsmann, Rangnick oder Hasenhüttl gelang – der erste große Titel. 13 Jahre nach Vereinsgründung.
Nur Kohle oder steckt mehr hinter RB Leipzig?
Es lässt sich nicht abstreiten, dass RB Leipzig eine „Abkürzung“ genommen hat. Durch den Start in der fünftklassigen Liga war der Schritt nach oben nicht ganz so weit. Mit den finanziellen Vorteilen kam man recht schnell in den Profibereich. Man darf allerdings nicht vergessen, dass schon viele Vereine – auch Traditionsclubs – einiges an Geld zur Verfügung hatten. Diese haben mit ihren monetären Mitteln aber oft weniger sinnvoll gehandelt. Bei RB hingegen wirkte vor allem in der Ära Rangnick alles durchdacht auf dem Weg nach oben.
Die anderen Vereine müssen sich vorwerfen lassen, dass man selbst viele Fehler gemacht hat. Spieler wie Poulsen oder Forsberg hätten zum damaligen Zeitpunkt – RB spielte noch nicht in der Bundesliga – etliche Traditionsvereine bekommen können. Diesen fehlte aber das entsprechende Netzwerk im Talentscouting. Unter dem Strich kann man dem RB-Konzern sicherlich kritisch gegenüberstehen. Man kann aber nicht abstreiten, dass RB auch vieles richtig gemacht hat. Geld haben und es vernünftig ausgeben sind zwei unterschiedliche Dinge.
Transferübersicht von RB Leipzig
Saison | Ausgaben (in Mio €) | Einnahmen (in Mio €) | Netto (in Mio €) |
14/15 | 23,35 | 0 | -23,35 |
15/16 | 26,10 | 1,90 | -24,20 |
16/17 | 95,15 | 0,1 | -95,05 |
17/18 | 63,50 | 24,54 | -38,96 |
18/19 | 65,63 | 72,75 | +7,12 |
19/20 | 79,50 | 45,25 | -34,25 |
20/21 | 58,00 | 56,60 | -1,50 |
21/22 | 107,62 | 113,50 | +5,88 |
Summe | 465,85 | 314,29 | -151,57 |
Die Transferübersicht (Quelle: transfermarkt.de) von RB zeigt, dass man zweifelsohne einiges an Kapital zur Verfügung hat. So konnte man vor allem den Übergang zwischen 3. Liga und Bundesliga in Windeseile vollziehen. In den letzten Jahren hielten sich die Überschüsse auf der Ausgabenseite in Grenzen. Zweimal konnte man sogar ein Transferplus verzeichnen.
RB-Stil
Im modernen Fußball spricht man oft davon. Doch was verbirgt sich hinter dem „RB-Stil“? Mit dem „RB-Stil“ beschreibt man eine Spielidee, die auf einem raumorientierten aggressiven Spiel mit hohem Pressing gegen den Ball beruht. Mit Ball soll es mit viel Tempo und Tiefe nach vorne gehen. Diesen Spielstil führte spätestens Ralf Rangnick ein. Schon bei seinen Vorgängerstationen war der Stratege für seine innovativen Ideen bekannt. Den „RB-Stil“ etablierte er im gesamten RB-Konzern. Spätestens im zweiten Jahr unter Hasenhüttl stieß man damit erstmals an seine Grenzen. Die Gegner verstanden es gut, sich tief und kompakt zu stellen und somit wenig Raum für das schnelle Spiel der Leipziger anzubieten.
Aus diesem Grund verpflichtete man Julian Nagelsmann, der bereits in Hoffenheim für ein gepflegtes Ballbesitzspiel stand. Die Symbiose aus RB-Pressingfußball und Dominanzfußball harmonierte über weite Strecken erfolgreich – auch wenn der Titel ausblieb. Mit der Verpflichtung von Marsch wollte man in Leipzig den Weg zum ursprünglichen „RB-Stil“ zurückführen. Dieser Versuch scheiterte ziemlich kläglich. Der aktuelle Trainer Tedesco beherrscht es bislang, seine Mannschaft sehr flexibel einzustellen. Je nach Gegner war man in der Lage sowohl mit viel Ruhe und Geduld, aber auch mit schnellem Umschaltfußball andere Teams zu knacken. Es bleibt spannend, wo der Weg hingeht.
Wann folgt der nächste Titel?
Nach zwei Vize-Meisterschaften und dem dritten Pokalfinale war es eine Frage der Zeit bis es klappt. Durch den Sieg gegen Freiburg konnte man endlich den ersten Titelgewinn bejubeln. RB Leipzig ist mittlerweile zu stark und etabliert, um von einer Eintagsfliege zu sprechen. National favorisiert sind weiterhin klar die Bayern und dahinter der BVB. Doch mit den Sachsen muss man rechnen. Die Ansprüche sind sehr groß – daraus macht man keinen Hehl.
Wenn wir das nicht irgendwann einmal wollten, sollten wir den Fußball besser an den Nagel hängen.
RB-Chef Matteschitz über die Ambitionen, Deutscher Meister zu werden.