Christian Eichner & sein KSC in der Analyse

Abgang des Toptorjägers der vergangenen Jahre – Verletzungsmisere in der Innenverteidigung und dazu ein desaströser Saisonstart. Dass der KSC nach 10 Spieltagen trotzdem souverän im Mittelfeld der Tabelle der 2. Bundesliga dasteht, zeigt wie stabil das Gerüst der Karlsruher um Trainer Christian Eichner ist. Seit nunmehr über zweieinhalb Jahren steht das Eigengewächs als Übungsleiter an der Seitenlinie „seines“ KSCs und kann stolz behaupten, den Verein seit dem Aufstieg 2019 wieder als stabilen Zweitligisten etabliert zu haben. Daran können auch die genannten Widrigkeiten nichts ändern, wie der bisherige Saisonstart zeigt. Denn Christian Eichner zeigt sich als flexibler Trainer, der gerne neue Reize setzt und oftmals die richtige Lösung in der Schublade hat.



Eichner findet stets Lösungen

Als aktuellstes Beispiel dient die Grundformationen der Badener. Favorisierte Eichner in den vergangenen Jahren meist die 4-1-4-1 bzw. 4-3-3-Formation, so entschied er sich nach 8 Gegentoren und 2 Niederlagen zum Start für eine Änderung. Mit der 4-4-2 mit Raute scheint Eichner seine neue Stammformation gefunden zu haben. 14 Punkte, 16:6 Tore und vier Spiele ohne Gegentore sprechen für sich. Dass diese Idee zur Raute schon länger in den Köpfen des Trainerteams reifte, bestätigte Eichner selbst auf einer Pressekonferenz. Insbesondere durch den Abgang von Sturmführer Philipp Hofmann bot sich eine Umstellung auf ein System mit zwei Stürmern an. Einerseits, weil ein derartiger Qualitätsverlust nur schwer durch eine Personalie auffangbar ist. Auf der anderen Seite, weil man durch die Verteilung auf mehrere Schultern an Flexibilität gewinnt, wie Eichner nie müde wird zu erwähnen. Wie flexibel der KSC nun ist, zeigt ein Blick auf die Torschützen. Bereits elf verschiedene Spieler konnten zu 18 erzielten Saisontoren beitragen. Keine Mannschaft der 2. Bundesliga kann in dieser Disziplin mehr aufweisen.

Wir haben vom Anpfiff an Schärfe und Klarheit gezeigt, das war die direkte Antwort auf die Niederlage in Braunschweig

– Christian Eichner nach dem überzeugenden 3:0-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg

Klarheit und Schärfe als Leittugenden

Um in dieser 2. Bundesliga erfolgreich zu sein, fordert Eichner von seiner Mannschaft vor allem Zweierlei: „Schärfe und Klarheit“. Die richtige Schärfe, um in dieser umkämpften Liga die Zweikämpfe zu gewinnen. Und die nötige Klarheit, um auch beim Spiel mit Ball überzeugen zu können.

Offensive Klarheit

Zwar ist das Karlsruher Spiel mit einem durchschnittlichen Ballbesitzwert von 50% nicht zwingend darauf ausgelegt, pausenlos Ball und Gegner dominieren. Dennoch verlangt Christian Eichner von seiner Mannschaft ein strukturiertes Aufbauspiel. Durchschnittlich spielen die Karlsruher 11,6 Pässe, ehe es zu einer Defensivaktion des Gegners kommt. Damit liegt man deutlich über dem Ligadurchschnitt von 10,2 und gehört zu den pressing-resistentesten Teams der Liga. Um sich nicht zu lange im „sinnlosen“ Ballbesitz aufzuhalten, sucht man Vertikalität. Dabei spielt kein Team in der 2. Bundesliga “klarer” nach vorne als der KSC. Beeindruckende 82% aller Steilpässe finden den Mitspieler. Nur Paderborn, Darmstadt und Düsseldorf können mit 76% annährend mithalten.




Zu 75% der Fälle führen die Angriffe dabei über den Flügel, der meist von den beiden Außenverteidigern besetzt wird. Besonders prägend ist hierbei die linke Seite mit Philipp Heise. Der Linksverteidiger ist sehr oft im Spiel nach vorne eingebunden und spielt außerdem die meisten Flanken der Liga. Trotz des Abgangs von Philipp Hofmann hat man in Fabian Schleusener weiterhin einen klaren Zielspieler in vorderster Front. Die vielen Flanken finden oftmals den 1,86m-Stürmer, der die meisten Abschlüsse per Kopf und die zweimeisten Abschlüsse insgesamt in der Liga verzeichnen kann. Ebenso hat kein Team mehr Ballkontakte in der gegnerischen Box als der KSC. Dabei geht auch sehr viel Gefahr vom Mittelzentrum aus, das immer wieder die Wege in den Sechzehner suchen soll, um die beiden Stürmer zu unterstützen. Insgesamt konnte man sich einen erwarteten Tor-Wert anhand der Chancenqualität (expected goals) von über 17 erspielen, was ebenfalls zur Spitzengruppe dieser Liga zählt.  

Defensive Schärfe

Neben der Klarheit mit Ball zeichnet sich der KSC in dieser Saison auch durch ein sehr sauberes Spiel gegen den Ball aus. Trotz des Fehlstarts ließ kein Team weniger erwartbare Tore (xGA: 10) zu. Die relativ wenigen Chancen, die man dem Gegner pro Spiel gewährt, kann man dabei so klein halten wie kein Zweiter. Während im Ligadurchschnitt jeder Schuss eine Torwahrscheinlichkeit von 12% besitzt, sind es bei den Gegnern des KSCs nur knapp 9%. Ein klarer Beleg für ein funktionierendes Spiel gegen den Ball. Bevor sich dem Gegner überhaupt die Möglichkeit eines Abschlusses bietet, versuchen die Karlsruher früh zu stören. Nur drei Teams stören in der 2. Bundesliga früher beim Aufbauspiel, ehe es zu einer Defensivaktion kommt. Zusätzlich zur offensiven Durchschlagskraft spielt das Mittelfeldzentrum auch gegen den Ball eine wichtige Rolle. Nicht umsonst stehen mit Gondorf, Wanitzek und Breithaupt gleich drei Mittelfeldspieler des KSCs unter den Top-7 der laufstärksten Spieler der 2. Bundesliga. Sollte der Gegner dennoch das Mittelfeld des KSC überspielen können, steht mit Franke und Ambrosius wohl eines der stärksten Innenverteidigerpärchen der Liga auf dem Platz. 

Aktuell bester Spieler der Liga?

Auch wenn sich das Karlsruher Gebilde vor allem durch mannschaftliche Geschlossenheit auszeichnet, stechen dennoch der ein oder andere Spieler mit starken Einzelleistungen heraus. Allen voran Marvin Wanitzek. Der zentrale Mittelfeldspieler ist derzeit der Dreh- und Angelpunkt beim KSC – nicht nur aufgrund seiner vier Tore und drei Vorlagen. Im Spiel mit Ball wirkt er stets aktiv am Aufbau mit, spielt präzise Bälle und sorgt sowohl innerhalb als auch außerhalb des Sechzehners mit seinen vielen Abschlüssen für Torgefahr. Kein Spieler entwickelte in der 2. Liga mehr Torgefahr als Wanitzek. Aber auch gegen den Ball ist Wanitzek sehr aktiv und spult mit fast 112km die sechstmeisten Kilometer der Liga ab. Für viele gehört der Mittelfeldstratege zu den besten Spielern der 2. Bundesliga – rein statistisch betrachtet ist er es schon. 



Richtungsweisender Oktober

Um seine Spieler zu absoluten Top-Leistungen wie gegen den 1. FC Nürnberg zu bringen, versucht Eichner sie immer wieder zu „kitzeln“. Hilfreich dabei ist der große Kader der Karlsruher, der aktuell auf jeder Position für Konkurrenzkampf sorgt. So auch beispielweise auf der Position des Rechtsverteidigers, wo aktuell Sebastian Jung den Vorzug vor Marco Thiede erhält. Durch seine Ballsicherheit gibt Jung dem KSC noch einmal eine zusätzliche Qualität, um das avisierte gepflegte Aufbauspiel voranzutreiben. Ohnehin möchte Eichner von seiner Mannschaft stets eine Weiterentwicklung sehen. Ausrutscher wie gegen Eintracht Braunschweig müssen dafür in Zukunft vermieden werden, um den nächsten Schritt zu gehen zu können.

Ich muss die Mannschaft weiter sticheln und unterstützen!

-Christian Eichner auf der Pressekonferenz vor dem Spiel in Bielefeld

Ob Trainer und Mannschaft dafür bereit sind, wird der Oktober zeigen. Neben Absteiger Bielefeld stehen mit Darmstadt, Düsseldorf und Hannover gleich drei Aufstiegsaspiranten auf dem Programm. Vier wichtige Partien, die womöglich richtungsweisend für den weiteren Saisonverlauf werden. Mit den Leistungen der vergangenen Wochen braucht sich KSC keinesfalls verstecken. Denn nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Leistungen stimmen – wie die vielen Statistiken und Performance-Zahlen unterstreichen.

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Datenquellen:
wyscout.com / bundesliga.de / ksc.de / transfermarkt.de
Bild:
Karlsruhersc1894, Christian Eichner KSC 2020-21, CC BY-SA 4.0

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