Eine fränkische Legende für die SpVgg Bayreuth: Marek Mintál
Marek Mintál ist nicht nur ein klangvoller Name, sondern ebenso ein Trainer, der gut zu den Anforderungen der SpVgg Bayreuth passt. Als Spielerlegende des 1. FC Nürnberg kennt sich der 45-jährige Slowake bestens in Franken aus. Bekanntlich setzen die Bayreuther auf Regionalität und können diese Philosophie mit der Verpflichtung des ehemaligen Bundesliga-Torschützenkönigs fortsetzen. Doch Regionalität reicht bei der SpVgg Bayreuth nicht aus, um den Trainerposten in der Wagnerstadt besetzen zu dürfen. Schließlich setzte man sich ambitionierte Ziele und will mit einem „Zwei-Jahres-Plan“ bis 2025 die Rückkehr in die 3. Liga forcieren.
Wir wollen uns auf Anhieb in der Spitzengruppe positionieren, um dann in der zweiten Saison vielleicht die Rückkehr in die 3. Liga anzupeilen.
– Geschäftsführer Jörg Schmalfuß über die strategische Ausrichtung der SpVgg Bayreuth
Frage nach Mintáls Spielphilosophie?
Fester Bestandteil dieser Ausrichtung soll der neue Trainer werden, der für die gleiche Dauer seinen Vertrag unterzeichnete. Dass Mintál als Typ gut nach Bayreuth passen wird, scheint außer Frage. Doch auf welche Art von Fußball darf man sich unter Mintál gefasst machen? Um einen Ansatzpunkt für die Spielphilosophie des früheren Torjägers zu finden, blickt ballorientiert auf die Corona-Saison 2019/2020, in der Mintál die U23 des 1. FC Nürnberg in der Regionalliga Bayern coachte. Und so viel sei vorweggenommen: das nicht schlecht!
Bester Punkteschnitt und meiste Tore mit U23 des 1. FC Nürnberg
Schon der bloße der Blick auf die Tabelle dieser durch die Corona-Pandemie abgebrochenen Saison lässt gute Leistungen unter Mintál vermuten. Nach 26 Spieltagen belegten die kleinen Glubberer mit 49 Punkten und 61:34 Toren den zweiten Platz hinter Aschaffenburg. Bedenkt man, dass die Viktoria ein Spiel mehr absolvieren konnte, stellt man fest, dass die Mintál-Elf sogar den besten Punkteschnitt vorweisen konnte. Ebenso war die Torausbeute Top-Wert der Liga. Folglich scheint Mintál für einen offensiven Fußball zu stehen, wie sich an weiteren Performance-Daten ablesen lässt.
Flacher und kontrollierter Spielaufbau mit passstarkem Zentrum
Mit einer Ballbesitzquote von 59% war man das Maß aller Dinge in der RL Bayern. Der hohe Fokus auf Spielkontrolle deckt sich mit den Passwerten, die sowohl was Anzahl der Pässe als auch Präzision (85%) Benchmark der Liga waren. Statt früh ins Risiko zu gehen, ließ Mintál seine Mannschaft bedächtig über die beiden Innenverteidiger aufbauen. Dabei setzte er ausschließlich auf eine Vierer-Abwehrkette mit zwei zentralen Mittelfeldspielern davor. Diese Verbindung zeigte sich sehr ballsicher und pressingresistent und verzichtete demzufolge meist auf den langen Schlag in die Spitze. Schließlich war man die Mannschaft mit den zweitwenigsten langen Pässe der Liga. Dabei ist interessant zu erwähnen, dass die SpVgg Bayreuth in jener Saison einen gegensätzlichen Ansatz wählte und die meisten langen Pässe der Liga spielte. Wie die Tabelle zeigt, waren beide Spielweisen erfolgsversprechend. Denn die Bayreuther waren punktgleich hinter der Nürnberger Reserve.
Zentrumsfokus mit hochschiebenden Außenverteidigern
Im Übergangs- und Angriffsspiel setzte Mintál auf einen hohen Fokus aufs Spielfeldzentrum. Statt mit vielen Flanken über die Flügel anzugreifen, versuchte man sich durch die Mitte zwischen die gegnerischen Linien zu kombinieren. Die beiden Flügelspieler sorgten mit ihren invertierenden Dribblings für viel Präsenz im Zentrum. Gleichzeitig schoben die beiden Außenverteidiger nach, um als Breitengeber mögliche lange Pässe auf den Flügel entgegenzunehmen. Um nicht in Gefahr einer hohen Konteranfälligkeit zu laufen, sicherten meist die beiden Sechser das Zentrum ab. Verstärkt wurde der absichernde Effekt durch die hohe Geduld beim Übergang ins Angriffsdrittel. Statt jede Möglichkeit für den Pass in die Gefahrenzone zu nutzen, stand auch hier die Kontrolle im Vordergrund, weshalb man die beste Passquote bei Pässen ins letzte Drittel vorweisen konnte.
Viel Bewegung im Zentrum
Im Angriff setzte man auf viele gegenläufige Bewegungen, um Platz in den Halbräumen zu schaffen. Von dort aus versuchte man sich immer wieder in 1-gegen-1-Situationen. Ebenso versuchte man die vielen Tiefenläufe mit Schnittstellenpässe zu bedienen. Ohne einen echten Zielspieler war somit das Zwischenlinienspiel von großer Bedeutung, das immer wieder für Verwirrung beim Gegner sorgte. Die dadurch verursachten Löcher im Rückraum des Gegners nutzte man „mintálesk“ konsequent. So konnte man hinter Aschaffenburg und Bayreuth die drittmeisten Fernschusstore erzielen.
Übertragung des Torjäger-Gens
Apropos Tore erzielen. In dieser Beziehung scheint Marek Mintál sein Torjäger-Gen auf seine Mannschaft übertragen zu haben. Während die Qualität und Quantität der Torchancen (Expected Goals) nur rund 49 Tore hergaben, erzielte die Mintál-Elf trotzdem 12 Tore mehr als erwartet. Die Übertragung seiner früheren Qualitäten und die resultierende Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor dürfte auch bei der SpVgg Bayreuth von Nöten sein. Schließlich ließ man in dieser 3. Liga-Saison einige gute Chancen liegen und erzielte 8 Tore weniger als laut xG erwartet.
Solide gegen den Ball
Im Spiel gegen den Ball versuchte man den Gegner spätestens ab der Mittellinie unter Druck zu setzen. Durch ein kompaktes Zentrum lenkte man die gegnerischen Angriffe auf die Flügel, um dort zuzugreifen. Mit einer eher raumorientieren Verteidigungsstrategie fing man viele Bälle ab und konnte in der Folge eigene Angriffe initiieren. Mit knapp 10 zugelassenen Schüssen pro 90 Minuten zählten man zu den Teams der RL Bayern, gegen die es am schwersten war, Torchancen zu kreieren.
Dominantes SpVgg Bayreuth?
Ob Marek Mintál die SpVgg Bayreuth ähnlich dominant auflaufen lassen wird, bleibt abzuwarten. In den letzten Jahren lag der Fokus bei der Oldschdod doch vermehrt auf einem schnellen Spiel nach vorne. Da man als Absteiger in der kommenden Saison oftmals die Favoritenrolle einnehmen wird, sind Lösungen mit Ball essentiell. Doch auch unabhängig von der Spielklasse würde der SpVgg Bayreuth etwas mehr Spielkontrolle im eignen Ballbesitz guttun. Mintál bewies in der Saison 2019/2020 mit der U23 des 1. FC Nürnberg, dass er Lösungen finden kann.
Latteier als wichtiger Kreativspieler?
Ein Spieler, der wohl mit die größten Qualitäten im Spiel mit Ball im aktuellen Bayreuther Kader besitzt, ist Tim Latteier. Da er die meisten Einsätze aller Spieler unter Mintál damals verzeichnete konnte, könnte ihn der neue Trainer zu einem Verbleib bewegen. Mit seinen Qualitäten im kreativen Passspiel wäre er sicherlich eine große Bereicherung für das „Projekt“ der Altstadt.
Gepflegter Fußball im HaWaWi
Doch Latteier ist nur eine von vielen fraglichen Personalien. Das Grundgerüst der Mannschaft soll erhalten bleiben. Der Name Marek Mintál könnte sowohl in dieser Beziehung als auch bei der Verpflichtung von neuen Spielern eine Rolle spielen. Entscheidend bleibt allerdings nicht sein Name oder seine schillernde Vergangenheit, sondern seine Qualitäten als Trainer. Und die scheinen angesichts seines Engagement bei der U23 des FCN vielversprechend zu sein. Losgelöst von Ergebnissen darf man sich in Bayreuth aller Voraussicht nach auf einen gepflegteren Fußball im Hans-Walter-Wild-Stadion freuen.
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Quellen:
wyscout.com
instat.com
transfermarkt.de