Erst die Kür, dann die Pflicht
Nach der Kür kam die Pflicht. So könnte man die letzten beiden Spiele der SpVgg Bayreuth zusammenfassen. Denn nach einem unverhofften Überraschungssieg bei Dynamo Dresden folgte der „Pflichtsieg“ im Heimspiel gegen den Tabellenletzten SV Meppen. Dadurch konnte sich der Aufsteiger nach zuvor vier Niederlagen in Serie wieder etwas Luft im Abstiegskampf der 3. Liga verschaffen. Acht Spieltage vor Saisonende steht die SpVgg Bayreuth nun über dem Strich und hat den Klassenerhalt in eigener Hand. Eine Ausgangslage, die man den Bayreuthern vor der Saison zu diesem späten Zeitpunkt nicht unbedingt zugetraut hätte.
Neue Impulse vom Trainerteam
Entscheidenden Anteil an dem geglückten Turnaround haben sicherlich auch Thomas Kleine und sein Trainerteam. Mit mutigen Entscheidungen gab man der Mannschaft neue Impulse. Eine davon war der Wechsel auf der Torhüterposition. Nachdem Sebastian Kolbe lange Zeit ein starker Rückhalt im Bayreuther Tor war, folgte eine Formkrise. Kleine reagierte und gab dem gebürtigen Oberfranken Luca Petzold eine Chance, die er eindrucksvolle nutzte. In seinen vier Einsätze konnte der 23-Jährige laut Expected Goals bereits zwei Tore verhindern. Damit hatte der Schlussmann mit seinen Paraden großen Einfluss auf die Erfolge gegen Dresden und Meppen.
Systemumstellung auf 4-Raute-2
Eine weitere Entscheidung, die der Mannschaft offensichtlich gut getan zu haben scheint, war die Umstellung des Spielsystems. Während man über den Großteil der Saison in einem 4-2-3-1- auflief, entschied sich Kleine vor dem Spiel bei Dynamo für eine 4-Raute-2-Formation. Sicherlich auch eine Reaktion auf den starken Dresdner Rückraum, mit drei zentralen Mittelfeldspielern Toptorjäger Arslan bändigen zu können. Doch der Systemwechsel tat auch dem eigenen Spiel gut. Edwin Schwarz rückte als absichernder Sechser vor die Viererkette, um für Entlastung für die Abwehr zu sorgen. Eine Rolle, die offensichtlich beherrscht. Denn auf der neuen Position gewann der gelernte Innenverteidiger 78% seiner Defensiv-Zweikämpfe.
Top in Form: Tim Latteier
Vor ihm komplettierten Kapitän Benedikt Kirsch und Tim Latteier das zentrale Mittelfeld. Insbesondere letzterer befindet sich aktuell in sehr guter Form. Kein Bayreuther verzeichnete in den letzten beiden Spielen mehr erfolgreiche Defensivaktionen als der ehemalige Nürnberger. Darüber hinaus scheint ihm die Absicherung im Rücken mehr Freiheiten zu geben, wie er beim Spiel mit Ball bewies. Stets die spielerische Lösung suchend behauptet Latteier geschickt den Ball im Mittelfeld und spielt viele Tiefenbälle hinter die Abwehrkette des Gegners. So auch zu sehen in Dresden, als er mustergültig Alexander Nollenberger vor dem wichtigen 2:0 bediente.
Magisches Dreieck in der Offensive
Mit der Umstellung auf die enge Mittelfeldraute scheint sich in der Offensive ein „magisches Dreieck“ gefunden zu haben, das sich mit seinen vielseitigen Fähigkeiten perfekt ergänzt. Als Spielmacher hinter der Doppelspitze glänzte Eroll Zejnullahu zuletzt nicht nur mit seinen Dribblings und Kreativpässen, sondern sogar als Doppeltorschütze. Das Ausweichen der beiden Stürmer auf den Flügel schafft Raum für Zejnullahu, den er zuletzt eiskalt zu nutzen wusste. In vorderster Front stimmt die Mischung zwischen Zielspieler und Sprinter. Während Markus Ziereis die Bälle festmachen und auf seine Momente lauern soll, ist Nollenberger Anspielstation Nummer eins für lange Pässe in die Tiefe. Sein Tempo stellte die hochstehenden Ketten von Dynamo und Meppen vor große Herausforderungen.
Balance im Umschaltspiel
Alles in allem scheint die neue Formation gut zum Bayreuther Konterfußball zu passen. Zwar überlässt man dem Gegner durch die fehlenden äußeren Mittelfeldspieler den Flügel, schafft es allerdings das so wichtige Zentrum kompakt zu schließen. Dass der Gegner dadurch viele Ballbesitzanteile verzeichnen darf, stört dabei nicht. Bekanntlich liegt der Fokus ohnehin auf schnellem, pragmatischen Umschaltspiel nach Balleroberung. Problematisch kann es nur werden, wenn die Balance zwischen Ball in den eigenen Reihen halten und Vertikalball in die Spitze fehlt. Insbesondere in der ersten Halbzeit gegen Meppen wirkte das Umschaltspiel der Bayreuther überhastet, wie man auch den wütenden Reaktionen an der Seitenlinie von Kleine entnehmen konnte. Insgesamt war fast jeder vierte Pass der Bayreuther ein langer, was letztendlich zur schwächsten Passquote der Saison von nur 66% führte. Ausgeglichen werden konnte dieser Tiefstwert von einem Top-Wert. Denn mit 67% gewonnenen Defensiv-Zweikämpfen lieferte man den drittstärksten Wert in der bisherigen Saison. Die Mannschaft war sozusagen „Ready to Fight“.
Kleines glückliches Händchen
Dass man den SV Meppen am Ende souverän mit 3:0 schlug, lag sicherlich auch einer verbesserten zweiten Hälfte. Nicht nur was die Entscheidungen vor und nach sondern auch während des Spiels angeht, scheint Thomas Kleine aktuell ein glückliches Händchen zu haben. Seine Halbzeitansprache scheint der Mannschaft zu mehr Ruhe im eigenen Ballbesitz verholfen zu haben. Ähnliches ereignete sich schon eine Woche zuvor in Dresden, als man in der ersten Halbzeit große Probleme mit Außenstürmer Christian Conteh hatte. Kleine reagierte auch hier goldrichtig und brachte Marcel Götz ins Spiel, der Conteh aus dem Spiel nahm und somit für seine Auswechselung nach 67 Minuten sorgte.
Next: spielstarkes Verl
Hinsichtlich der Gelb-Sperre von Kapitän Kirsch wird Kleines Händchen beim kommenden Auswärtsspiel bei Verl wieder gefragt sein. Gegen das ballbesitzintensive Spiel der Verler würde sich die Weiterführung der frisch erprobten Mittelfeldraute anbieten. Entscheidend für die Bayreuther wird sein, eigene Lösungen mit Ball zu finden. Denn trotz großer Ballbesitzanteile und hoher Pressingaktionen kassierte der SC Verl erst sieben Kontergegentore. Angesichts der positiven Entwicklungen der letzten Wochen kann man davon ausgehen, dass Thomas Kleine auch für dieses Spiel die richtigen Lösungsansätze parat haben wird.
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Quellen:
wyscout.com
instat.com
transfermarkt.de