Mit Captain-Bürki und gebürtigem Dortmunder zum Aufstieg? FC Thun in der Analyse!

Verbindungen nach Dortmund

Auch aus deutscher und insbesondere Dortmunder Sicht lohnt sich ein Blick zum Schweizer Zweitligisten FC Thun Berner Oberland. Denn beim aktuellen Tabellenfünften lassen sich interessanten Verbindungen zu Borussia Dortmund herstellen. Zum einen ist der Kapitän Marco Bürki der jüngere Bruder des ehemaligen BVB-Keepers Roman. Zum anderen ist der beste Torjäger Gabriel Kyeremateng gebürtiger Dortmunder und durchlief zehn Jahre lang die Jugendmannschaften der Borussia.

Leise Aufstiegshoffnungen?

Doch auch darüber hinaus geben die aktuellen Leistungen der Thuner Grund genug, sich genauer mit dem einstigen Champions League-Teilnehmer zu befassen. Denn mit einer Serie von 19 Punkten aus den vergangenen 9 Spielen konnte man zumindest ansatzweise wieder den Kontakt zu den Aufstiegsrängen herstellen. Zuvor startete man mit lediglich 3 Siegen aus 15 Spielen in die Saison und schien das Thema Aufstieg bereits ad Acta legen zu können. Jedoch lässt der aktuelle Rückstand von sieben Punkten bei noch 12 verbleibenden Spielen wieder leise Hoffnungen zu.

Thuner Hoffnungsträger Kyeremateng

Als einer der Träger dieser Hoffnung sticht aktuell Kyeremateng hervor. Nicht nur, weil er der drittbeste Torschütze der Liga. Ebenso weil seine aktuelle Form die Fans träumen lässt. Eindrucksvolle 5 seiner 11 Saisontore erzielte der 23-jährige Stürmer in den vergangenen vier Spielen. Dabei sind es bei weitem nicht nur seine Abschlussqualitäten, die dem Spiel der Berner Oberländer guttun. Als mobiler Stürmer weicht er immer wieder in den rechten Halbraum aus, um von dort aus die Bälle zu empfangen und selbst Tempo aufzunehmen. Mit seinen vielen Dribblings (5,5 pro 90 Minuten) sucht er immer wieder den Weg in die Gefahrenzone und gehört zu den abschlussfreudigsten (3,1 / 90) und gleichzeitig präzisesten (50%) Spielern der Liga. In der Folge verzeichnet nur ein Stürmer mehr erfolgreiche Angriffsaktionen pro 90 Minuten (4,7) als der Deutsche.



Riskantes Vertikalspiel unter Lustrinelli

Damit die Stürmer des FC Thun so viele gefährliche Aktionen initiieren können, setzt Trainer Mauro Lustrinelli auf eine angriffslustige Spielweise. Dies ist schon an der Passquote von nur 79% abzulesen, die in dieser Liga von nur zwei Mannschaften unterboten wird. Grund dafür ist nicht etwas das Unvermögen der Spieler, sondern die Marschroute, mit der sie vom Trainer auf den Platz geschickt werden:

Die Fans können sich auf einen kämpferischen, offensiv orientierten und mutigen FC Thun freuen.

Statt sich mit langen Ballbesitzphasen den Gegner zu Recht zu legen, sucht man den direkten Weg zum Tor. Dementsprechend spielen die Thuner die meisten langen Bälle und zweitmeisten progressiven Pässe der Liga. Dass ein solches Vertikalspiel seine Risiken birgt, macht sich an der Anzahl der Ballverluste bemerkbar, die ebenfalls Ligahöchstwert ist. Dennoch gelingt es der Mannschaft in einem zentrumsorientierten 4-Raute-2-System viele Steckpässe in den Rücken der gegnerischen Abwehr zu spielen. Dazu passt ins Bild, dass man in Tornähe nicht lange fackelt und mit über 13 Schüssen pro 90 Minuten hinter dem FC Vaduz die meisten abgibt. Aufgrund der vielen Versuche von außerhalb des Sechzehners leidet die durchschnittliche Qualität der Chancen, die unter dem Ligadurchschnitt liegt. Nichtsdestotrotz ist der Expected Goals-Wert von über 38 nicht weit von der Ligaspitze (40) entfernt und zeugt von hoher Torgefahr. Dies wird nochmals von der hohen Anzahl an Aluminiumtreffern von 13 unterstrichen, die eine noch bessere Torausbeute als die 41 erzielten Tore verhinderte.

Aggressives Pressing als Teil der Identität

Das Spiel der Thuner gegen den Ball definiert sich in erster Linie über Intensität. Mit sehr vielen Mannorientierungen führt man trotz Ballbesitzanteilen von rund 52% die meisten Defensiv-Zweikämpfe der Liga. Das liegt vor allem daran, dass das Verteidigen des eigenen Tores bereits nah am gegnerischen Tor beginnt. Mit phasenweise intensivem Angriffspressing erobern die Thuner die meisten Bälle aller Mannschaften in des Gegners Hälfte. Durch die kurzen Wege zum Tor verzeichnet man die meisten Abschlussaktionen nach einem Konter. Die Ausbeute von nur sieben Kontertoren scheint aufgrund der vielen Schüsse nach Umschaltaktionen allerdings ausbaufähig.

Sollte es nicht zu einer hohen Balleroberungen kommen, hält man auch beim Verteidigen in der eigenen Spielhälfte den Gegnerdruck hoch. Mit einem kompakt formierten Zentrum versucht man die gegnerischen Angriffe auf den Flügel zu lenken, um dort mit sofortigem Pressing den Ballgewinn zu forcieren. Letztendlich ist der FC Thun auch in dieser Beziehung Ligaspitze. Nicht nur, was die Häufigkeit der Pressingaktionen angeht. Ebenso ist die Pressingerfolgsquote mit über 53% die Benchmark der Liga.


Interessanterweise ist der mutige Pressing-Fußball des FC Thun sogar schriftlich festgehalten. In einer Medienmitteilung aus dem Jahre 2022 heißt es zur sportlichen Neuausrichtung: „Der Kern davon ist eine offensive, Pressing orientierte, mutige Spielgestaltung mit hoher Intensität, Laufbereitschaft und Spielfreude.“





Flexibler Captain-Bürki

Eine wichtige Rolle in der Defensive übernimmt logischerweise der Kapitän Marco Bürki ein. Auch seine Organisations- und Führungsqualitäten tragen dazu bei, dass nur die Lausanner Klubs weniger Schüsse zulassen. Obendrein ist der 29-jährige Abwehrmann flexibel und weicht häufig auf die Linksverteidigerposition aus. Seine größten Stärken besitzt er fraglos auf der angestammten Innenverteidigerposition. Dort gewinnt er 74% seiner Zweikämpfe, spielt präzise (56%+) lange Bälle und leitet mit seinen gut getimten (71%+) Pässen ins vordere Drittel das Angriffsspiel ein.

Auftakt zur Aufholjagd?

Wie die Performance-Daten der bisherigen Saison zeigen, ist der FC Thun in vielen Bereichen die Nummer 1 der Liga. In der Tabelle ist man davon allerdings noch zu weit entfernt. Auch wenn man in einer sehr ausgeglichenen Liga laut Expected Points sogar auf Augenhöhe mit Tabellenführer FC Wil sein müsste, so ist es doch die Inkonsistenz, die den langjährigen Erstligisten immer wieder zurückwirft. Was den Fans für die Restsaison Mut machen dürfte, ist die aktuelle Serie. Denn angesichts des Torverhältnisses von 13:2 aus den vergangenen 5 Spielen, scheint die Balance zwischen Offensive und Defensive zu stimmen. Wie stabil dieses Gebilde wirklich ist, wird der kommende Spieltag womöglich zeigen. Denn der Ligaprimus FC Wil ist zu Gast in der Stockhorn Arena. Ein Sieg in dieser Partie könnte nochmal zusätzliche Kräfte für eine fulminante Aufholjagd Richtung Aufstiegsplätze freisetzen.

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Quellen:
wyscout.com
instat.com
transfermarkt.de
Vincenzo.togni, The Stockhorn Arena in 2019, CC BY-SA 4.0

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