Walters Paradedisziplin: Fußball spielen
Wenig überraschend ist es erneut der HSV, der in Sachen Ballbesitz und Passquote die Benchmark der Liga darstellt. Dennoch zeigte man sich in der Herangehensweise variabler und agierte phasenweise etwas zurückhaltender, weshalb der Ballbesitzwert um fast 3 Prozentpunkte auf „nur“ noch 60% schrumpfte. Als erstem Team überhaupt gelang es in der Hinrunde dem SC Paderborn mehr Ballbesitzanteile zu haben als der HSV – das bislang einzige Mal in 1,5 Jahren Tim Walter. Unter dem Strich sind es aber einmal mehr die Hamburger, die mit ihrer Passquote von über 86% sich klar am ballsichersten zeigen. Vor allem das defensive Zentrum überzeugt dabei.
Wir spielen Fußball, schlagen die Bälle nicht lang nach vorne.
HSV-Trainer Tim Walter über den Spielstil seiner mannschaft
Man darf gespannt sein, wie man das Fehlen von Mario Vušković kompensieren kann. Der Kroate war bis dato mit 93% angekommenen Pässen der stärkste Spieler der Liga in dieser Kategorie. Nur dicht dahinter folgen Kapitän Schonlau und „6er“ Jonas Meffert. Trotz 90% Passquote erhofft man sich von Meffert noch mehr kreative Elemente im Übergangsspiel. Im Spiel nach vorne setzt Walter in dieser Saison viel auf seine linke Seite um Außenverteidiger Miro Muheim. Der Schweizer ist einer der wenigen Spieler im Kader der Hamburger, der das Vertikalspiel sucht und immer wieder mit schnellen Pässen in die Spitze auffällt. Da Muheim zeitgleich der Spieler mit den meisten Ballverlusten ist, entsprach sicherlich nicht jeder Pass dem Gusto von Trainer Tim Walter.
Dribblings, Flanken und mehr: Der Hamburger Weg zum Tor
Dass der HSV seine große Stärke im eigenen Positionsspiel besitzt, liegt auf der Hand. Schließlich erzielte die Elf von Tim Walter unglaubliche 21 ihrer 29 Tore aus dem eigenen Ballbesitzspiel heraus. Vor allem die Kreativspieler um László Bénes (6 Assists) und Sonny Kittel (5 Assists) stechen dabei mit ihren Ideen heraus. Neben der großen Stärke im Passspiel verfügt der aktuelle Tabellenzweite aber auch über zahlreiche weitere Möglichkeiten, um Gefahr zu erzeugen. Die Hamburger schlagen die meisten Flanken, allen voran Dompé fällt dabei auf und überzeugt mit starken Hereingaben in den gegnerischen 5-Meter-Raum. Insgesamt finden 40% der Hamburger Flanken einen eigenen Abnehmer – ein starker Wert. Unter anderem deshalb gelang keinem anderen Team mehr als die 9 Treffer per Kopf der Walter-Mannschaft.
Mindestens genauso wichtig ist die Qualität im 1-gegen-1. Gegen die oftmals tief gestaffelte gegnerische Abwehrreihe kann man dadurch immer wieder situativ Überzahlmomente erzeugen. Erneut ist es Dompé, dessen Werte ihresgleichen suchen. An seine 11 Dribblings pro 90 Minuten kommt kein anderer Zweitligaspieler ansatzweise heran – auf Platz 2 befindet sich der Ex-Hamburger Tatsuya Ito, der beim FC Magdeburg 7x im Spiel das direkte Offensivduell sucht. Im Zentrum ist es immer wieder Ludovit Reis, der 67% seiner 1-gegen-1-Duelle gewinnt und dadurch viele Situationen im Mittelfeld auflöst.
Löst András Németh die Abhängigkeit von Robert Glatzel?
Kurzfristig ist sicherlich jeder Spieler zu ersetzen. Doch langfristig wäre ein Ausfall von Mittelstürmer Robert Glatzel nicht zu kompensieren. Dann würde Hamburg ein Problem bekommen.
Felix magath über die wichtigkeit von robert glatzel
Die meisten Schüsse und Tore der 2. Liga – das ist Hamburgs Torjäger Robert Glatzel. Bislang verpasste der Stürmer noch kein Ligaspiel in seiner Zeit beim HSV. Falls doch, steht von nun an András Németh als Ersatz bereit. Der junge Ungar besitzt seine Stärken im Sturmzentrum und überzeugt vor allem mit seinem beidfüßig starken Abschluss. Mit seiner starken Technik und Passqualität scheint er gut in das Ballbesitzspiel der Rothosen zu passen. Némeths gutes Stellungsspiel im Sechzehner wird entscheidend sein, um die Abhängigkeit von Glatzel zu reduzieren.
Auch wenn der HSV mehr als 23 Ballkontakte pro 90 Minuten im gegnerischen Strafraum verzeichnet, hat die Ausbeute vor dem Tor noch Luft nach oben. Mit 23% Chancenverwertung liegt diese klar unter dem Ligaschnitt. Die anderen Offensivensivspieler um Dompé kommen oft zum Abschluss, verfehlen das Ziel aber zu häufig. Vor allem Kittel und Bénes rücken zwar viel in den Strafraum nach, vermissen aber auch noch ihr Schussglück. Bénes traf beispielsweise schon 3x das Aluminium. Lediglich Königsdörffer, der mit 35,4 km/h übrigens der schnellste Spieler im Kader von Tim Walter ist, konnte mit 5 Saisontoren schon seine Treffsicherheit unter Beweis stellen.
Hamburgs Defensive: Zwei Teams sind besser
In Tim Walters erster Saison stellte der HSV die beste Defensive der Liga. Aktuell sind es mit Hannover und Tabellenführer Darmstadt 2 Teams, die die 19 Gegentore der Hamburger Hintermannschaft unterbieten. Die Walter-Elf verlor gegen Ende der Hinrunde die Kompaktheit in der Defensive – satte 12 Treffer erzielten die Gegner in den letzten 6 Partien. Insgesamt zeigt man sich nicht ganz so forsch im Pressing wie in der abgelaufenen Saison. 9 Pässe lässt man den Gegner im Schnitt spielen, ehe es zur Balleroberung kommt – über 2 mehr als 2021/2022. Auch wenn man bereits 5 Kontertore kassierte, können viele Umschaltmomente des Gegners durch das starke Gegenpressing im Keim erstickt werden. Wichtiger Faktor ist hier einmal mehr Ludovit Reis, der die meisten Zweikämpfe der Liga gewinnt.
Überraschend wenig Balleroberungen verzeichnet Walters Team in hohen Zonen. Als Begründung kann man anführen, dass beim hohen Pressing der Hamburger auf spielerische Lösungen beim Gegner oftmals verzichtet werden und der Ball schnell lang geschlagen wird. Prinzipiell verdichtet der HSV bei gegnerischem Ballbesitz das eigene Zentrum und drängt die Angreifer auf die Außenbahn. Vor allem Muheim agiert hier stark und fängt viele Pässe bereits vor der eigenen Gefahrenzone ab. Die Chancenqualität der Gegner gab anhand der Expected Goals Werte durchaus mehr Treffer als die tatsächlichen 19 her. Mit Daniel Heuer Fernandes verfügt der HSV aber über einen extrem starken Torwart, der am Ende ausschlaggebend sein könnte.
Fazit Aufstiegscheck: Ist Walters HSV reif für den Aufstieg in die Bundesliga?
ich hatte den HSV im Sommer genannt – und ich bleibe dabei, er ist der erste Anwärter.
Heidenheim-Trainer Frank Schmidt über die Hamburger Aufstiegschancen
Der HSV verfügt nicht nur mit seinem Führungsduo aus Walter und Boldt über ein erfolgreiches Gespann, sondern überzeugt zu weiten Teilen auch mit seinen Leistungen auf dem Platz. Die Hamburger sind klar die spielstärkste Mannschaft der Liga und spielen folglich so wenige lange Bälle wie kein anderes Team. Luft nach oben besteht bei den Rothosen vor allem in der Anfangsviertelstunde. Zu oft kommt man nur schläfrig in die Partie und erzielte lediglich 2 Treffer in dieser Zeit. Zum Vergleich: Tabellenführer Darmstadt schlug ganze 8x in den ersten 15 Minuten zu.
Auch wenn die Testspiele gegen einige Bundesligisten nicht erfolgreich verliefen, sollte man nicht in Panik verfallen. Der 6-fache Deutsche Meister verfügt über ausreichend Qualität in der Spitze und Breite, um auf verschiedene Situationen reagieren zu können. Bleibt man bei sich und behält die Ruhe, ist der HSV kaum aufzuhalten.
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Quellen:
wyscout.com
instat.com
transfermarkt.de