14 Punkte aus 6 Spielen: Eintracht Braunschweig in der Analyse

Geduld zahlt sich aus! Das beweist zumindest aktuell die Punkteausbeute von Eintracht Braunschweig. Nach einem sehr schwachen Saisonstart mit gerade einmal einem Pünktchen aus sechs Spielen behielt man in Braunschweig die Ruhe und hielt an Aufstiegstrainer Michael Schiele fest. Sechs Spiele später scheint sich diese Entscheidung als die richtige herausgestellt zu haben. Denn in dieser Phase sammelte kein Team in der 2. Bundesliga mehr Punkte als die Braunschweiger Löwen.



Dass im Verein auch in der schwierigen Phase absolute Ruhe und Verlässlichkeit herrschte, ist ein großer Pluspunkt. Geschäftsführer Peter Vollmann ist ruhig geblieben und hat mir das Vertrauen gegeben, dass wir das gemeinsam schaffen.

-Michael Schiele bedankt für das Vertrauen der Verantwortlichen

Die Formtabelle der Spieltage 7 bis 12 zeigt: Eintracht Braunschweig ist die Mannschaft der Stunde!

Platz Team Spiele S/U/N Tore Punkte
1. Braunschweig 6 4/2/0 12:6 14
2. Darmstadt 6 4/2/0 11:6 14
3. Hamburg 6 4/1/1 9:7 13
4. Paderborn 6 4/0/2 12:4 12

Effektivität als Dosenöffner

Was den Braunschweigern trotz der mageren Punkteausbeute zu Beginn Mut machte, war sicherlich die Art und Weise, wie die Mannschaft auftrat. Denn obwohl man von Spieltag 1 bis 6 nur dreimal treffen konnte, waren genug Chancen für deutlich mehr Tore da. Betracht man die expected goals (erwartbare Tore anhand der Chancenqualität), so waren Chancen für knapp 10 Tore da. Ein unfassbarer Chancenwucher, an dem Trainer Schiele und seine Mannschaft offensichtlich arbeiten konnten. Gaben die expected goals in den zweiten sechs Spielen nur knapp sieben Tore her – und somit sogar drei weniger als zuvor – so konnte man mit 12 erzielten Toren fünfmal mehr als von der Statistik erwartet treffen.

Top-Scorer Immanuel Pherai

Entscheidenden Anteil an dieser enormen Steigerung der Abschlusseffizienz hat Spielmacher Immanuel Pherai. Bereits bei seiner Ankunft im Sommer konnte man die großen Anlagen des 21-jährigen Niederländers erahnen. Inzwischen machen sich diese auch regelmäßig im Spielberichtsbogen bemerkbar. Drei Tore und drei Vorlagen konnte Pherai zu den zuletzt erfolgreichen Wochen der Braunschweiger beitragen. Somit war Pherai in dieser Phase an jedem zweiten Tor der Eintracht direkt beteiligt – und das obwohl er in einem Spiel komplett fehlte und in einem weiteren nur von der Bank kam. Dabei ist seine Effizienz nochmals besonders hervorzuheben, denn die expected goals gaben mit einem Wert von 0,85 in der Theorie nicht einmal ein Tor her. Zahlen, die belegen, welche Qualitäten der Neuzugang von Borussia Dortmund mit sich bringt. 10 Scorerpunkte in 12 Pflichtspielen sprechen eine klare Sprache.

Wir konnten schon zu Beginn der Saison streckenweise mithalten, uns hat aber das Vertrauen gefehlt. Jetzt wissen wir, dass wir in dieser Liga Tore schießen und Spiele gewinnen können. Und die Gegner wissen das jetzt auch. Wir haben Bock auf jedes Spiel.

-Immanuel Pherai nach dem 2:1-Heimsieg gegen St. Pauli




Neue Defensiv-Qualitäten

Neben der hohen Effizienz in der Offensive zeigt man sich auch in der Defensive stark verbessert. Während es in der Anfangsphase der Saison noch 2,5 Gegentore pro Spiel waren, war es zuletzt durchschnittlich nur noch eines. Dies deckt sich auch ungefähr mit dem expected goals-Wert: im Vergleich zu den ersten sechs Partien (14 xG against) konnte man die erwartbaren Tore des Gegners auf knapp 7 halbieren – eine beeindruckende Entwicklung. Selbstredend lässt sich diese Steigerung nur in einem kompakten Kollektiv bewerkstelligen. Dennoch lässt sich die Wichtigkeit zweier Last-Minute-Transfers für die Abwehrreihe nicht leugnen. Sowohl Nathan de Medina als auch Filip Benković reihten sich nahtlos in die Innenverteidigung der Löwen ein und gehören mit einer Zweikampfquote von jeweils über 77% zu den besten Zweikämpfern der Liga. Die Verantwortlichen der Niedersachsen bewiesen kurz vor Ende des Transferfensters ein glückliches Händchen.

Rückkehr zum Angriffspressing?

Frühes Angriffspresssing, ballbesitzorientiertes Offensivfußball: eine Taktik, mit der Michael Schiele im vergangenen Jahr die Löwen zum Aufstieg in die 2. Bundesliga führte und die seither keine Anwendung mehr fand. Vom 4-2-3-1 ging es in ein kompaktes 5-3-2, in dem man zunächst dem Gegner den Ball überließ und im Mittelfeldpressing agierte. Für einen Aufsteiger ein durchaus probates Mittel, das allerdings nach dem ausbleibenden Erfolg in den ersten Wochen auf den Prüfstand gestellt wurde. Doch Michael Schiele hielt an seiner Spielidee fest.

Nach wie vor verzichtet man größtenteils auf den Ball, weshalb man mit einer Quote von 38% den wenigsten Ballbesitz der Liga aufweisen kann. Ähnlich verhält es sich mit Pressing, wo nur Kaiserslautern und Sandhausen später den Gegner unter Druck setzen. Dies sind nur stellvertretend zwei von vielen Werte, die bestenfalls gleichblieben. Denn andere Parameter wie Passquote oder Abschlüsse nahmen sogar ab. Doch was gab letztendlich den Ausschlag für die Trendwende in Braunschweig? War es wirklich nur die Chancenverwertung?

Dank kleiner Stellschrauben zum Erfolg

Dass einem Aufsteiger in den ersten Spielen nicht alles gelingen würde, war ja klar. Aber dass fast alles gegen uns laufen würde, war extrem schade.

Wie der Aussage von Michael Schiele zu entnehmen ist, fehlte mitunter das Spielglück. Oft entscheiden im Fußball die vielzitierten Nuancen zwischen Sieg und Niederlage. Mannschaft und Trainer verließen sich offensichtlich nicht auf das von selbst zurückkehrende Spielglück, sondern drehten jede mögliche Stellschraube, wie ein Blick auf die Defensivarbeit zeigt. So lässt man weniger Schüsse zu, gewinnt mehr Zweikämpfe und schafft es auch mit mehr abgefangenen Bällen den Raum besser zu verteidigen. Die defensive Stabilität machte sich folglich auch beim Selbstvertrauen der Offensive bemerkbar. Trotz insgesamt weniger Abschlüsse als in der ersten Hälfte des bisherigen Saison brachte man deutlich mehr Schüsse aufs Tor. Der Gedanke im Hinterkopf, aufgrund der starken Abwehrleistungen nicht auf jedes einzelne Tor angewiesen zu sein, scheint Blockaden vor dem Tor gelöst und bei der Effizienz geholfen zu haben.

1 bis 6 Spieltag 7 bis 12
38% Ballbesitz 39%
88 Schüsse 74
24 aufs Tor 34
27% aufs Tor [%] 46%
77% Passquote 71%
59% Defensive Zweikämpfe 64%
258 abgefangene Bälle 292
93 geklärte Bälle 132
35 Gegenschüsse 28

via wyscout.com



Keine Zeit zum Zurücklehnen

Wir sind auf einem guten Weg. Aber es ist brutal eng, wir dürfen keinen Zentimeter nachlassen und müssen demütig bleiben. Wir haben nichts erreicht.

Dass Nuancen manchmal im Fußball reichen, heißt im Umkehrschluss auch, dass das Momentum auch schnell wieder in die andere Richtung kippen kann, wie auch Michael Schiele feststellt. Statt sich auf den aktuellen Erfolgen auszuruhen, gilt es besonders für Eintracht Braunschweig weiter hart an sich zu arbeiten. Wie die Daten zeigen, gibt es gerade im Spiel mit Ball noch viel Luft nach oben. Grundlage dafür wird weiterhin eine resolute Abwehrarbeit sein. Allerdings kann man sich nicht darauf verlassen, dass die Offensive um Pherai, Ujah und Co. weiterhin derart effizient bleiben wird. Wer Michael Schiele kennt, weiß um seine Akribie, auch für diesen Fall eine Lösung parat zu haben. Zumal man nach dem kommenden Heimspiel gegen den SC Paderborn die Riesenchance hat, in den direkten Duellen mit Sandhausen, Fürth und Regensburg sich ein dickes Polster für die Winterpause zu erarbeiten.

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Quellen:
wyscout.com
transfermarkt.de
Silesia711, MichaelSchiele2, CC BY-SA 4.0

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