Bundesliga

Was spricht noch gegen Füllkrug, Hansi Flick?

Die Stimmen nach einer Nominierung von Niclas Füllkrug für die kommende Weltmeisterschaft werden immer lauter, zumal es Hansi Flick aktuell an einem echten Mittelstürmer mangelt. Kein Deutscher trifft aktuell zuverlässiger als Niclas Füllkrug. Doch nicht nur Tore zeichnen das Spiel des Bremers aus, wie ballorientiert in der Analyse zeigt!
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Niclas Füllkrug: ein echter Mittelstürmer für Deutschland?

Galt es vor wenigen Wochen noch als sehr ambitioniert Niclas Füllkrugs Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft zu fordern, so steht man nach den letzten Leistungen der Mannschaft von Hansi Flick und dem Werder-Stürmer mit dieser Idee bei Weitem nicht mehr allein. Während sich die deutsche Mannschaft an der massierten Ungarn-Defensive kürzlich die Zähne ausbiss, liefert Niclas Füllkrug regelmäßig Tore und steht mit sieben Treffern aus acht Spielen an der Spitze der Torjägerliste der Bundesliga. Da liegt es nicht fern, den Toptorjäger für die kommende Weltmeisterschaft ins Gespräch zu bringen. Zumal der deutschen Mannschaft ein Spielertyp wie Niclas Füllkrug aktuell abgeht – nämlich ein „echter“ Mittelstürmer.

Effektivster deutscher Stürmer

Wirft man einen Blick auf die bisherige Saison des 29-Jährigen, finden sich durchaus gute Argumente für eine Berücksichtigung durch Hansi Flick. Allen voran seine Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Denn Füllkrug zeigt sich sehr effektiv in dieser Saison. Gab der erwartbare Tor-Wert anhand der Chancenqualität (expected goals) knapp fünf Tore her, so übertraf Füllkrug diesen deutlich und knipste mit insgesamt sieben Treffern zweimal mehr als erwartet. Fast jeder dritte Abschluss von Füllkrug findet in der bisherigen Bundesliga-Saison den Weg ins Tor. Die zuletzt nominierten Angreifer Havertz, Werner und Nmecha kommen summiert auf die gleiche Anzahl an Ligatreffern in dieser Saison. Betracht man ausschließlich die Kernaufgabe eines Mittelstürmers, gibt es aktuell keinen anderen Deutschen, der mit Füllkrugs Trefferquote Schritt halten kann.

Qualitäten mit Ball

Wer Hansi Flick kennt, weiß auch, dass in seinem ballbesitzorientierten Spiel weit mehr als Torjägerqualitäten von einem Mittelstürmer verlangt werden. Dass Füllkrugs nicht zu den schnellsten Stürmern gehört, dürfte in diesem Zusammenhang verkraftbar sein. Allerdings bedarf es sicherlich einer gewissen Passsicherheit. In diesem Punkt deckt sich Füllkrugs Profil nicht hundertprozentig mit den Anforderungen von Flick. Mit einer Passquote von rund 65% ist Füllkrug seinen Konkurrenten unterlegen. Allerdings sollte diese Zahl auch richtig eingeordnet werden. Während Havertz, Werner & Co bei Mannschaften mit viel Ballbesitz spielen, steht Füllkrug bei Werders schnellem Vertikalspiel viel häufiger unter direkten Gegnerdruck. Bei über einem Drittel seiner Pässe spürt Füllkrug den Atem des Gegners im Nacken. Wie man mit dieser Statistik umgeht, bleibt Interpretationssache. Einerseits wäre Füllkrug bei einer ruhigen Spielweise eine höhere Passquote zuzutrauen. Auf der anderen Seite fehlt ihm – im Gegensatz zur Konkurrenz – die wöchentliche Erfahrung mit dieser Art von Fußball.




Bevor es überhaupt zum Pass kommt, gilt es diesen zu kontrollieren. Hier kann Füllkrug punkten. Verglichen mit Werner, Havertz, Nmecha und Müller hat kein Spieler weniger Probleme bei der Ballkontrolle als Niclas Füllkrug. Ähnlich sieht es bei der Anspielbarkeit an. 73% aller Pässe in Richtung Füllkrug finden auch ihr Ziel. Nur Thomas Müller steht mit 81% in diesem Vergleich besser da.

Was man sich von einem Spielertyp wie Niclas Füllkrug erhofft, ist eine alternative Komponente zum gepflegten Kurzpassspiel im deutschen Spiel. Wie z.B. lange Bälle, die man auf den Kopf des 1,89m-Manns spielen könnte. Überaschenderweise ist die Erfolgsquote bei Kopfballduellen bei allen fünf genannten Angreifern ähnlich. Allerdings führt Füllkrug mit Abstand die meisten Duelle in der Luft. Bereits 71mal stieg Füllkrug in die Luft – fast doppelt so oft wie Kai Havertz.

Effizientes Pressing

Bleibt da noch das Spiel gegen den Ball. Kaum eine internationale Mannschaft ist bei der Ballrückeroberung aggressiver als die deutsche Mannschaft. Naturgemäß beginnt diese in vorderster Front beim Mittelstürmer. Dass Thomas Müller in dieser Disziplin der Vorzeigespieler ist, dürfte keine große Überraschung sein. Aber auch hier sind die einzelnen Statistiken wieder in Relation mit der Spielweise der jeweiligen Vereinsmannschaft zu bringen. Hier gehört Werder Bremen – wenn auch nicht so intensiv wie Bayern oder Leipzig – zu den Bundesligamannschaften, die dem Gegenüber möglichst wenig drucklose Bälle durch die eigenen Reihen gewähren. Zwar ist Füllkrug kein Stürmer, der die gegnerische Abwehr pausenlos unter Druck setzt. Jedoch glänzt er hier durch Timing. Während Thomas Müllers Pressings mit starken 37% der Fälle zur Rückeroberung führen, folgt Füllkrug dahinter mit beachtlichen 23%. Auch hier sei erwähnt, dass die deutschen Angreifer hinter Thomas Müller alle auf einem ähnlichen Niveau agieren. Zieht man in Betracht, dass Füllkrug in der öffentlichen Wahrnehmung häufig als reiner „Brecher“ gesehen wird, belegt auch dieser Wert Füllkrugs Konkurrenzfähigkeit in vielen Aspekten.

Nicht-Nominierung Füllkrugs nur schwer begründbar für Hansi Flick

Dass Niclas Füllkrug das Gespür eines Vollbluttorjägers besitzt, muss nicht zwingend durch tiefgreifende Analysen belegt werden. Dies lässt sich allein anhand seiner Trefferquote seit über einem Jahr ablesen. In den letzten 32 Ligapartien knipste Füllkrug ganze 28mal. Dazu kommen acht Torvorlagen. Selbstredend sind 19 Tore in der 2. Bundesliga differenziert zu betrachten. Dass es allerdings auch in der höchsten deutschen Spielklasse funktioniert, beweist Füllkrug aktuell eindrucksvoll.

Sollte Füllkrug seine Form bis zur WM nur annähernd halten können, wird es für Hansi Flick schwer zu begründen sein, „Lücke“ nicht mitzunehmen. Die Tore sprechen für sich. Wie die vielen Statistiken zudem belegen, verlöre man mit der Nominierung Füllkrugs nicht zwingend andere gefragte Qualitäten. Sowohl beim Spiel mit als auch gegen den Ball muss sich Füllkrug gegenüber seiner Konkurrenz nicht verstecken. Zumal es bei der „Füllkrug-Frage“ nicht darum geht, ob er die Nummer Eins im deutschen Sturm geht. Nein – es geht vielmehr darum, eine alternative Option im Mittelsturm zu schaffen. Das Ungarn-Spiel dient als warnendes Beispiel. Denn auch die Gruppengegner aus Japan und Costa Rica werden aller Voraussicht nach den Fokus auf die Defensive legen. Hier könnte ein Stürmer alla Niclas Füllkrug Abhilfe leisten.

Es bleibt abzuwarten, wie Hansi Flick seinen Kader für die Weltmeisterschaft gestaltet. Sollte Füllkrug weiterhin derart zuverlässig Tore liefern, dürfte zumindest Kaderplatz 26 für den Werder-Stürmer realistisch sein.

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Quellen: bundesliga / wyscout / fbref / transfermarkt
Bild:
Steffen Prößdorf, 2022-07-30 Fußball, Männer, DFL-Supercup, RB Leipzig – FC Bayern München 1DX 3168 by Stepro, CC BY-SA 4.0
Silesia711, NiclasFüllkrug, CC BY-SA 4.0

Co-Founder & Analyst bei ballorientiert

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