2. Bundesliga

SV Sandhausen im Abstiegskampf – mal wieder

Der SV Sandhausen befindet sich fast schon traditionell zur Winterpause auf einem Abstiegsplatz der 2. Bundesliga - doch kein Grund zur Panik in der Kurzpfalz. Ballorientiert analysiert die großen Schwachstellen der Mannschaft von Trainer Alois Schwartz. Nichtsdestotrotz kann man mit einer gewissen Vorfreude in die Rückrunde gehen.
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Ein Zwerg in der 2. Bundesliga

Wenn es so weitergeht, dann spielen wir nächste Saison gegen Sandhausen!

Was viele abstiegsbedrohte Erstligisten als Horrorszenario skizzieren, um die Dramatik eines Abstiegs in die 2. Bundesliga zu verbildlichen, versteht man beim SV Sandhausen schon längst nicht mehr als despektierlich. Stattdessen nimmt man es bei den Kurpfälzern vielmehr als Lob auf, als das Paradebeispiel des Zweitliga-Alltags zu gelten. Denn auch nach fast 12 Jahren ist es alles andere als eine Selbstverständlichkeit, dass die Einwohner der 15.000-Seelen-Gemeinde Zweitligafußball im Hardtwaldstadion sehen dürfen. Trotz begrenzter infrastruktureller und finanzieller Möglichkeiten schafft es der „Liga-Zwerg“ sich Jahr für Jahr in Deutschlands zweithöchster Spielklasse zu halten.

Abstiegskampf – mal wieder

Ob der Klassenerhalt auch in dieser Saison gelingt, scheint angesichts der aktuellen Tabellensituation fraglich. Mit der 4:2-Niederlage beim HSV verabschiedete sich der SVS als Tabellenletzter aus der Hinrunde. Auf einem Abstiegsplatz zu überwintern ist aber weitem noch kein Grund für Panik bei den Sandhäusern. Bereits zum vierten Mal in den vergangenen fünf Saisons steht man nach der ersten Halbserie unter den letzten drei Mannschaften der Tabelle. Bekanntermaßen konnte man in allen Fällen den Turnaround schaffen. Zumal der 1. FC Nürnberg als Tabellenelfter lediglich drei Punkte entfernt ist, scheint eine Aufholjagd auch in diesem Jahr alles andere als unwahrscheinlich.

Verdient am Tabellenende

Dennoch gibt es Grund zur Skepsis. Obwohl nur zwei der 17 Hinrundenspiele mit mehr als maximal einem Tor Unterschied endeten, enttäuschten die Leistungen der Mannschaft von Trainer Alois Schwartz über weite Strecken. So war es trotz der knappen Ergebnisse kein Zufall, dass man am Ende neunmal als Verlierer vom Platz ging. Dies beweist auch ein Blick auf die Tabelle nach Expected Points (statistisch erwartbare Punktzahl anhand der eigenen und zugelassenen Torchancen), nach der man ebenfalls am Tabellenende stünde. Dass diese Art von Tabelle nur die halbe Wahrheit abbildet, zeigt die letzte Saison. Statt Tabellenletzter nach Expected Points sicherte man sich mit neun Punkten Vorsprung souverän den Klassenerhalt. Und dennoch sollten diese Daten zumindest als Fingerzeig verstanden werden, wie eine genauere Analyse der bisherigen Performance-Daten des SV Sandhausen zeigt.

Statt Aufbau schnell nach vorne

Insbesondere beim Spiel mit Ball drückt der Schuh in dieser Saison bei den Schwarz-Weißen. Nicht als Ballbesitzmannschaft bekannt versucht man in der Regel sich dem gegnerischen Pressing durch schnelles Vertikalspiel nach vorne zu entziehen. Dementsprechend wenig überraschend ist es, dass bei dieser Art von Spielidee die Pass – und Ballbesitzquote mit 78% bzw. 42% leidet.

Ungenaues Übergangsspiel

Allerdings funktioniert das Übergangsspiel von Mittelfeld auf Angriff beim SVS nur dürftig.  Die langen Bälle und progressiven Pässe der Sandhäuser gehören zu den ungenausten der Liga, weshalb man im Mittelfeld viele Bälle verliert. Gleichzeitig enden die Angriffe, bevor sie überhaupt angefangen haben. Nur zwei Mannschaften der 2. Liga spielen weniger Pässe ins Angriffsdrittel.

Schwaches Angriffsspiel

Da nur drei Mannschaften in dieser Liga weniger Positionsangriffe initiieren, ist es für die Sandhäuser umso wichtiger, diese mit höchster Effizienz zu nutzen. In der Realität ist jedoch das Gegenteil der Fall. Kein Team kreiert weniger Torchancen aus dem eigenen Ballbesitzspiel. Die Folgen sind die wenigsten Ballkontakte im Sechzehner, die wenigsten Torschüsse sowie die durchschnittlich schlechteste Chancenqualität hinter dem 1. FC Nürnberg.

Effiziente Chancenverwertung dank Kinsombis

Bei all den negativen Aspekten in der Offensive ist zumindest die Chancenverwertung positiv hervorzuheben. Statt den erwartbaren Toren von knapp 17, was den zweitgeringsten xG-Wert der Liga darstellt, erzielte man dank hoher Effizienz beim Torschluss vier Tore mehr. Entscheidenden Anteil daran haben die beiden Kinsombi-Brüder Christian und David, die die offensive Flügelzange des SV Sandhausen bilden. An 14 der bisher 21 erzielten Tore war mindestens einer der Brüder direkt als Torschütze oder -Vorbereiter beteiligt.

Solide Abwehrarbeit?

Zwar kassierte man mit 29 Gegentoren die viertmeisten der Liga. Jedoch ist die Defensivarbeit der Sandhäuser zumindest nicht der eines Absteigers würdig. In Sachen zugelassener Schüsse und Chancenqualität des Gegners gibt es noch einige Mannschaften, die schlechter performen als die Schwartz-Elf.

Zu passiv gegen den Ball

Dennoch könnte man aktiver gegen den Ball arbeiten. In zurückhaltender und oft passiver Stellung zieht man sich nahe vor dem eigenen Tor zurück und lässt die gegnerischen Angriffe auf sich zu kommen. Dabei versucht man das Zentrum dicht zu halten und die Angriffe auf den Flügel zu lenken. Die in der Folge vielen Flanken erreichen zu oft die gegnerischen Angreifer, weshalb man bereits neun Kopfballgegentore hinnehmen musste.

Konteranfälligkeit trotz wenig Ballbesitz

Darüber hinaus kassierte man sehr viele Gegentore nach Konter. Trotz der geringen Ballbesitzanteile konnten gegnerische Mannschaften bereits neun Tore nach Tempogegenstößen gegen Sandhausen erzielen. Eine Tatsache, die einerseits auf eine schlechte Umschaltbewegung zurückzuführen ist, und anderseits auf Sandhausens größte Baustelle: dem eigenen unzureichenden Ballbesitzspiel.

Drei Siege gegen Erstligisten

Um auch zum vierten Mal in fünf Jahren die Klasse zu halten, nachdem auf einem Abstiegsplatz überwinterte, bereitete Alois Schwartz seine Mannschaft zuletzt in einem Trainingslager auf Malta vor. Mit drei Siegen in drei Spielen gegen Erstligisten aus Österreich, Slowakei und Tschechien konnte zumindest ein wenig Selbstvertrauen tanken.

Wir hatten sehr gute Leistungswerte. Wir konnten gut im taktischen und technischen Bereich arbeiten. Wir haben viele Dinge probiert und einstudiert und konnten dies in den Testspielen gut umsetzen.

– Trainer Alois Schwartz zeigt sich zufrieden mit der Vorbereitung auf die Rückrunde 

Neuzugänge aus der Bundesliga

Mit dabei waren auch drei Neuzugänge, die in der Rückrunde für den SVS auflaufen werden. Sowohl mit Kerim Calhanoglu als auch mit Raphael Framberger konnte man zwei namhafte Spieler aus der Bundesliga ausleihen, die wohl vorerst das neue Außenverteidiger-Duo bilden werden. Als offensive Verstärkung kommt Franck Evina aus der Regionalliga, der dort für Hannover 96 II 12 Tore und 6 Vorlagen in 18 Spielen erzielte.

Gewappnet für den Restart?

In Verbindung mit der Rückkehr von verletzten Spielern wie Diekmeier, Zenga und Okoroji kann man durchaus mit einer gewissen Vorfreude auf den Restart in der 2. Bundesliga blicken. Im Gegensatz zur Hinrunde kann Alois Schwartz nun aus dem Vollen schöpfen. Ein Zustand, der möglicherweise neuen Mut in Sandhausen entfacht und der sich wünschenswerterweise auch auf die eigene Spielweise auswirkt. Denn nur mit mehr Aktivität mit und gegen den Ball wird man eine Chance auf den Klassenerhalt haben. Eine rundum gelungene Winterpause stimmt jedoch zuversichtlich, dass ein wieder mal verbesserter SV Sandhausen in der Rückrunde der 2. Bundesliga zu sehen sein wird.

Jetzt sind wir gewappnet in Richtung Bielefeld!

– Alois Schwartz

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Quellen:
wyscout.com
instat.com
transfermarkt.de
whoscored.com
svs1916.de
Bilder:
Silesia711, AloisSchwartz, CC BY-SA 4.0
Silesia711, DennisDiekmeier, CC BY-SA 4.0
Swo73, Hartwaldstadion Sandhausen, CC BY-SA 4.0
Solent Creatives from Southampton, United KIngdom, Raphael Framberger v Southampton 2017, CC BY 2.0
https://www.instagram.com/chriskinsombi/

Co-Founder & Analyst bei ballorientiert

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