3. Liga

Offensivfußball wird belohnt: SC Verl kommt in Fahrt

Nach dem Umbruch im Sommer kam der SC Verl nur schwer in Fahrt - mit nur 1 Punkt aus 5 Partien legte man einen klassischen Fehlstart hin. Die Wende ist mittlerweile geglückt, zuletzt blieb das Team von Michél Kniat 6x ungeschlagen und konnte dabei starke 14 Punkte sammeln. Ballorientiert analysiert den Aufschwung und verrät, wo die Elf vom Ölbach das stärkste Team Deutschlands ist.
Pinterest LinkedIn Tumblr







Nach dem Umbruch im Sommer kam der SC Verl nur schwer in Fahrt – mit nur 1 Punkt aus 5 Partien legte man einen klassischen Fehlstart hin. Die Wende ist mittlerweile geglückt, zuletzt blieb das Team von Michél Kniat 6x ungeschlagen und konnte dabei starke 14 Punkte sammeln. Ballorientiert analysiert den Aufschwung und verrät, wo die Elf vom Ölbach das stärkste Team Deutschlands ist.

 

Spielstil und Taktik SC Verl

Der SC Verl ist seit Jahren für seinen offensiven und intensiven Fußball bekannt. Mit selbigem gelang 19/20 unter Guerino Capretti auch der Aufstieg in die 3. Liga. Nach einem starken 7. Platz im ersten Jahr kämpfte man in der abgelaufenen Spielzeit bis zum Schluss um den Klassenerhalt, der letztlich mit Neu-Trainer Michél Kniat gelang. Nachdem man im Sommer einmal mehr etliche Leistungsträger ziehen lassen musste und ein großer personeller Umbruch stattfand, gestaltete sich der Start in die laufende Saison erwartungsgemäß schwierig. Alles zum Start und der Wende erfahrt ihr hier.

Wir wissen, dass wir Qualität verloren haben, aber wir haben dafür gute und junge Spieler geholt. Ich bin davon überzeugt, dass sie noch abgehen werden.
SCV-Trainer K
niat nach dem verpatzten Saisonstart.

Doch intern behielt man stets die Ruhe und verlor nicht den Glauben an die eigene Spielidee. Dass die Verler für offensiven Fußball stehen, zeigt ein Blick auf die Statistiken. Mit knapp 57% Ballbesitz im Schnitt hat kein Team in der 3. Liga öfter den Ball in den eigenen Reihen. Unter Kniat ist das Offensivspiel längst nicht mehr so flügellastig wie zuvor. In erster Linie versucht man, den Spielaufbau durch das Zentrum zu gestalten. Im Positionsspiel möchte man durch viel Bewegung und Positionsrochaden Halbräume öffnen und diese mit schnellen Bällen in die Schnittstellen füttern. Das Übergangsspiel von Defensive auf Offensive hat aber durchaus noch Luft nach oben. Sowohl in den Parametern „Pässe ins letzte Drittel“ als auch „Progressive Pässe“ belegt die Elf vom Ölbach nur hintere Plätze im ligainternen Vergleich. Positiv zu erwähnen ist hingegen die Ballsicherheit und Pressingresistenz der Kniat-Elf. Mehr als 11,5 Pässe spielt man, ehe es zu einer Defensivaktion des Gegners kommt – Ligabestwert! Die meisten Pässe beim SC spielen übrigens die beiden Verteidiger Mikic und Stöcker, was die spielerischen Ambitionen unterstreicht.

Auch gegen den Ball gehen die Verler offensiv zur Sache. Das 4-3-3 verschiebt sich je nach Pressinghöhe auch des Öfteren zum 4-2-3-1, 4-4-1-1 oder 4-1-4-1. Mit einem gut organisierten Mix aus Raum- und Manndeckung stört man den gegnerischen Spielaufbau sehr früh. Der ballführende Spieler wird stets angelaufen, was viel Laufarbeit der Offensivspieler benötigt. Diese zahlt sich aus – schließlich ist der SCV in Sachen „challenge intensity“ (Defensivaktionen pro Minute gegnerischer Ballbesitz) mit 8,1 einsamer Spitzenreiter. Dasselbe gilt für den Wert „PPDA“ (zugelassene gegnerische Pässe bis zur eigenen Defensivaktion), der die Intensität des Pressings misst – mit 6,54 steht man auch hier auf Platz 1. Zum Vergleich: Der FC Bayern kommt bei diesen Metriken auf 7,1 und 7,08. Sicherlich kein alleiniges Qualitätsmerkmal, aber dennoch interessant. Der SC Verl presst demzufolge am intensivsten in ganz Deutschland.

 

Trainer Michél Kniat: Ein gefragter Mann

Der heute 36-jährige Michél „Mitch“ Kniat spielte als Aktiver in der Jugend von Alemania Aachen. Anschließend zog es ihn unter anderem zum KFC Uerdingen und zur Reserve von Borussia Mönchengladbach. Seine Anfänge als Trainer machte er bereits 2014 als er den Blumenthaler SV als Spielertrainer in der fünftklassigen Bremerliga übernahm. Nach zwei Vizemeisterschaften beendete „Mitch“ seine aktive Laufbahn und wechselte zur U21 des SC Paderborn, die er als Tabellenführer in der Oberliga Westfalen hinterließ. In Paderborn fiel Kniat bereits als exzellenter Entwickler von Talenten auf. Cheftrainer beim SCP waren während seiner Zeit Steffen Baumgart und Lukas Kwasniok. Zwei Trainer, deren Spielstil durchaus mit dem von Kniat übereinstimmen.

Wir wollen viel den Ball haben, dabei aber so oft wie möglich den Weg in die Tiefe suchen. Ein wesentlicher Faktor ist auch, den Gegner mit hohem Pressing unter Druck zu setzen und damit zu stressen.
Michél Kniat über seine Spielidee

Dass „Mitch“ seine Ideen auch vermitteln und taktisch umsetzen kann, zeigt sich. Mit ihrer Art und Weise sind die Verler eine sehr angenehme Abwechslung zu ansonsten oftmals eher destruktiv agierenden Teams – für den 36-jährigen Erfolgstrainer, der zuletzt auch in Saarbrücken gehandelt wurde und wohl immer noch wird, offenbar keine Option. „Ich will vor allem Fußball sehen“ – auch das Wort Spektakel nimmt er regelmäßig in den Mund. Seine Mannschaft lässt den Worten vor allem in den letzten Wochen auch Taten folgen. Was war letztendlich ausschlaggebend für die verbesserte Punkteausbeute?

 

Formanstieg: Statistisch untermauert

Statistische Parameter – alle Werte pro 90 Min.

1-7 Spieltag 8-13
55,81% Ballbesitz 56,94
0,86 Tore 2,17
376 Gespielte Pässe 415
69 Progressive Pässe 75
14,5 Lange Pässe (in %) 12
45,4% Gewonnene Offensivduelle 48,7%
82 Ballrückeroberungen 99
7,92 PPDA 5,16

Wirft man einen Blick auf diese Daten, lässt sich festhalten: an viele kleinen Stellschrauben wurde gedreht, vor allem Umschaltspiel und Gegenpressing zeigten sich zuletzt stark verbessert. Dass das vor der Spielzeit neu zusammengewürfelte Team mittlerweile eingespielter ist, kommt dazu. Wirft man ein Auge auf die Gegner, muss man auch den Spielplan mit einbeziehen – während man in den ersten Spielen nahezu durchgehend gegen Aufstiegsaspiranten agierte, hatte man zuletzt vermeintlich schwächere Gegner.

Bemerkenswert ist die Wende in den letzten 30 Minuten, die zudem zeigt, dass in der sehr ausgeglichenen 3. Liga oftmals Nuancen entscheiden.
Bilanz der ersten 7 Spiele: 3:6 Tore
Bilanz der letzten 6 Spiele: 8:3 Tore

Wir befinden uns gerade in einer sehr guten Phase. Die Leistungen passen und dank der guten Ergebnisse stehen wir jetzt deutlich besser da als zum Beginn der Saison.
Sebsastian Lange – sportlicher Leiter – über die starke form.

In Verl ist man mit der Entwicklung der Kniat-Elf in den letzten Wochen extrem zufrieden. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass der SC nach den beiden Reserveteams aus Dortmund und Freiburg die jüngste Mannschaft der Liga spielt und zeitgleich in der Marktwerttabelle im Tabellenkeller zu finden ist. Beeindruckend sind nicht nur die letzten Ergebnisse, sondern vor allem die Art und Weise – schließlich war man in 12 der 13 Spiele die Mannschaft mit mehr Ballbesitz. Lediglich in Unterzahl in Dresden verlor man in dieser Kategorie. Schon in den ersten Partien zeigte sich das Team vom Ölbach konkurrenzfähig und verlor mitunter unglücklich. Zuletzt kippte das Momentum in die eigene Richtung und man konnte auch schwächere Spiele wie unter anderem in Bayreuth für sich entscheiden. Wenn es läuft, dann läuft es eben.

Zufriedenheit wird unter dem geradlinigen und ehrgeizigen Kniat so schnell nicht einkehren. In einigen Bereichen sieht der talentierte Trainer sicherlich noch Luft nach oben. Bei Standards und im Kopfballspiel hat man Verbesserungspotenzial – schließlich kassierte man bereits 5 Gegentreffer per Kopf und hat allgemein in Luftzweikämpfen die drittschwächste Quote der Liga. Ähnliches gilt für das Spiel im letzten Drittel. Dass man fast 50% der Schüsse aus der Distanz abgibt bestätigt dies genauso wie die mäßige Genauigkeit bei Flanken mit 28%. Meckern auf hohem Niveau, wenn man sich die letzten Ergebnisse anschaut.

 

Dir hat unser Beitrag gefallen? Dann lass doch gerne eine Kleinigkeit für unsere Kaffeekasse da und unterstütze ein junges Fußball-Magazin via PayPal:
PayPal bekommt neues Logo und lanciert erstmals globale Markenkampagne – Design Tagebuch


Danke für deinen Support!
Schau auch gerne mal bei Social Media vorbei und begleite uns auf unserem Weg:
Facebook – Instagram – Twitter






Quellen: 
OrtkemperSPORTCLUB ARENACC BY-SA 4.0
Wyscout, transfermarkt.de, WhoScored

Co-Founder & Analyst bei ballorientiert

3 Comments

  1. VerlerJung Reply

    Das ist mal ein ausführlicher Artikel. Vielen Dank dafür. Oft wird der SCV ja nur stiefmütterlich behandelt, auch wenn er schon das dritte Jahr in Folge in Liga drei spielt und es stark nach einem vierten Jahr aussieht.

    • Danke für dein Feedback – wirklich sehr beeindruckend, was derzeit für tolle Arbeit in Verl geleistet wird!

  2. Pingback: Attraktiver Offensivfußball wird wieder belohnt! SC Verl Analyse - 3. Liga - ballorientiert

Write A Comment

Cookie Consent mit Real Cookie Banner